Zwei Sieger haben die Parlamentswahlen in Kroatien hervorgebracht, und beide verdienen auf ihre Weise den Sieg. Regierungschef Ivo Sanader hat sich ein historisches Verdienst damit erworben, die "Kroatische Demokratische Gemeinschaft" (HDZ) des autoritären Staatsgründers Franjo Tudjman zu einer gemäßigten Rechts-Partei umgeformt zu haben. Die oppositionellen Sozialdemokraten unter dem Neueinsteiger Zoran Milanovic haben in ihren Reihen jene personelle Erneuerung eingeleitet, die der Politik des Landes insgesamt guttäte.

Sanaders Sieg hat freilich einen Schönheitsfehler: Er beruht vor allem auf den Stimmen der Auslandskroaten, allen voran den mehr als 75.000 aus Bosnien-Herzegowina. Sanader verteidigt dieses in Europa einzigartige Doppelwahlrecht mit der Hilfe der bosnischen Kroaten im Bürgerkrieg 1991-95. Das ist ein im Kern nationalistisches Argument, aber es spiegelt auch die Realitäten im postjugoslawischen Raum wider. Dass die bosnischen Kroaten sich im aktuellen Bosnien-Konflikt - serbischer Widerstand gegen Reformen des internationalen Beauftragten - so ruhig verhalten, hat viel mit ihrer Bindung an das "Mutterland" und dessen EU-Beitrittsprozess zu tun.

Hausaufgaben

Dabei allerdings hat Zagreb noch einige Hausaufgaben zu erledigen, vor allem im Kampf gegen die Korruption. Wie überhaupt die Reformbilanz der Regierung Sanader nicht berauschend ist. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse wird nun der Ruf nach einer großen Koalition lauter werden. Auch der populäre Staatspräsident Stjepan Mesic hätte sie gerne.

Davor ist zu warnen, zumal in den großen Fragen ohnehin Konsens herrscht. Eine große Koalition aber würde die Korruptionsbekämpfung keinesfalls erleichtern, um es vorsichtig auszudrücken. Auch in der Politik - und in Kroatiens spezieller Lage ganz besonders - gilt: Starke Konkurrenz beflügelt die Fantasie und steigert die Effizienz. (Von Josef Kirchengast, DER STANDARD, Printausgabe 27.11.2007)