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Der Kabeljau hat es nicht leicht.

Foto: AP/POLFOTO, Magnus Moeller
Wien - Der Kabeljau hat es nicht leicht. Jahr für Jahr wird nämlich jeweils rund die Hälfte der Bestände aus dem Meer geholt. Die Chance, den Fischern ins Netz zu gehen, beträgt somit 50 Prozent. "Statistisch bedeutet das, dass etwa einer von tausend Fischen im fangfähigen Alter zehn Jahre überlebt", rechnet Ulf Dieckmann vor, Ökosystemforscher am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg.

Er hat gemeinsam mit einem internationalen Expertenteam in der jüngsten Ausgabe des US-Wissenschaftsmagazins Science (Bd. 318, S. 1247) Alarm geschlagen. Denn die exzessive Fischerei gefährdet nicht nur die Fischbestände. Sie hat auch längst in die Evolution von bestimmten Fischarten eingegriffen.

Damit ist konkret gemeint, dass der enorme Selektionsdruck dazu geführt hat, dass die Fische schneller geschlechtsreif werden und kleiner bleiben. Solche Tiere haben gegenüber ihren größeren Kollegen nämlich eine höhere Chance, sich fortzupflanzen.

Selbstschädigung

Das Problem dabei: "Ein halb so großes Weibchen produziert nur ein Achtel der Zahl an Eiern", so Dieckmann. Die Fischerei schädigt sich durch die Überfischung damit mittel- und langfristig selbst. Denn durch diese Veränderungen ist mit einem noch viel stärkeren Rückgang der Bestände zu rechnen - und zwar auf lange Sicht: Die innerhalb von wenigen Jahrzehnten herbeigeführten Veränderungen lassen sich nämlich nicht ebenso rasch rückgängig machen.

Konkret hat es bloß 40 Jahre gedauert, um diese evolutionäre Veränderung beim Kabeljau zu bewirken. Sie wieder rückgängig machen, könnte bis zu 250 Jahre dauern, so die Forscher dieser Study Group on Fisheries Induced Adaptive Change (SGFIAC). "Die Selektion in diese Richtung wirkt ja schwächer als die durch die Fischerei", sagt Dieckmann.

Die Experten für evolutionäre Umweltfolgenabschätzung fordern daher ein rasches Umlernen im Fischereimanagement und haben dafür mehrere konkrete Vorschläge. Es sollte nicht nur weniger intensiv gefischt werden, sondern vor allem auch mit weniger engmaschigen Netzen, um nur die ausgewachsenen Tiere zu fangen.

Schließlich sollten vor allem in jenen Gegenden die Netze ausgeworfen werden, wo sich die Tiere zur Fortpflanzung treffen - "also beim Kabeljau an der norwegischen Küste, wo sich die Tiere vermehren, und nicht in der Barentssee, wo die Tiere fressen", so Dieckmann. Fragt sich nur, ob sich die russischen Fischer daran halten werden. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. November 2007)