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Archivbild von Bilal Hussein vom April 2005.

Foto: AP /Jim MacMillan
Bilal Hussein fotografierte gern Menschen die schauen. Etwa Bedienstete in einem Leichenhaus in Bagdad, die darauf achten, dass die lila Tücher die aufgebahrten Opfer eines Selbstmordanschlags zur Gänze bedecken. Er fotografierte die Blicke von Irakern, die vor einem Bombenkrater stehen, Augen die auf ein Autowrack starren und die verhüllten Gesichter zweier Terroristen, die ihre Gewehre auf eine soeben erschossene italienische Geisel richten. 2004 fotografierte Hussein Aufständische in Falluja, wie sie ihre Minenwerfer gegen US-Streitkräfte richten. Dieses Foto Husseins, der im Irak für die amerikanische Agentur Associated Press (AP) arbeitet, war Teil eines 20 Bilder umfassenden Werks von insgesamt elf AP-Fotografen, das im Jahr 2005 mit dem Pullitzer-Preis ausgezeichnet wurde.

Perspektiven

Manchmal ist das, worauf die Menschen auf Husseins Bilder schauen, gar nicht zu sehen. Auf manchen Fotos kann man aber erkennen, dass Hussein selbst Teil des Bildes ist und dass die Fotografierten versuchen, ihn als Überbringer von Botschaften zu nutzen. Der junge Mann etwa, der den Zeige- und Mittelfinger zum Victory-Zeichen hebt, schaut dem Fotografen direkt ins Gesicht. Hinter ihm brennt ein US-Militärfahrzeug. Bilal Hussein hat schon lange nicht mehr diese Perspektiven aufgenommen. Er sitzt in der Camp Cropper Haftanstalt in Bagdad. Das US-Militär nennt ihn einen „terroristischen Medienagenten“.

Aber auch 19 Monate nach seiner Festnahme liegt noch keine Anklage gegen Hussein vor. Tom Curley, Generaldirektor der AP, ist der Meinung, dass die Haft ohne Anklage genau jene Rechtsstaatlichkeit untergräbt, die die Vereinigten Staaten im Irak aufbauen wollen. AP fordert die Freilassung des Fotografen.

"Propagandaunterlagen"

Das Pentagon hingegen ist der Meinung, Hussein sei aufgrund seiner Verbindung zu Aufständischen eine Gefahr für die Stabilität und Sicherheit im Irak, er habe als Terroragent AP infiltriert. So seien in Husseins Haus explosives Material, Propagandaunterlagen von Aufständischen und Überwachungsfotos von amerikanischen Militäranlagen gefunden worden. Husseins Fotos würden beweisen, dass er im Vorhinein von Bombenattentaten gewusst habe, weil er so schnell mit seiner Kamera zugegen war. Stichhaltige Beweise gegen den Fotografen hat das US-Militär allerdings noch nicht vorgelegt.

Der 36-jährige Hussein besaß einen kleinen Laden mit Elektronikartikeln in Falluja, als er 2004 die amerikanische Invasion der Stadt dokumentierte. Danach arbeitete er als Fotograf in Ramadi. Als er dort im April 2006 verhaftet wurde, befand sich ein Mann in seinem Haus, den das US-Militär als Al-Kaida-Mitglied identifizierte. Das US-Militär will nun einen Prozess gegen Hussein vor einem irakischen Gericht anstrengen. (Von Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe 22.11.2007)