Stellt man sich den vielgepriesenen Fremdenrechtskonsens zwischen Schwarz und Rot als Teppich vor und die ungelösten Probleme als Unrat, der von pflichtvergessenen Polittrupps daruntergekehrt und vergessen worden ist, so kann man inzwischen von akuter Stolpergefahr ausgehen. Um bei diesem Bild zu bleiben: Die Weigerung der ÖVP, auch nur einen Teppichzipfel zu lüpfen, wird die Probleme nicht zum Verschwinden bringen.

Stattdessen bleibt, Stichwort Asylgerichtshof - trotz Mahnrufs Wilhelm Molterers an Barbara Prammer - ein gekappter Instanzenzug. Es sei denn, man schnürt die Neuregelung wieder auf. Tut man das nicht, so nimmt man für die Zukunft bewusst Härtefälle in Kauf. Dann werden Menschen ohne Möglichkeit juristischer Gegenwehr fortlaufend in Schubhaft dunsten, wie es in der Praxis seit zwei Jahren von Menschenrechtsexperten scharf kritisiert wird. Sie werden vor der Zeit abgeschoben, vielleicht sogar zurück in Länder, wo ihnen Gefahr für Leib und Leben droht.

Und schon ballt sich ein weiteres Rechtsstaatshindernis zusammen: Ändern oder Ungerechtigkeit billigend in Kauf nehmen, das gilt für SPÖ und ÖVP auch nach der Nachricht, dass die ersten Urteile im Sinne des "Verratsparagrafen" 115 des Fremdenpolizeigesetzes nicht - wie beim Beschluss der Regelung angekündigt - böse Schlepper, sondern zur Hälfte verzweifelte Angehörige getroffen haben. Hier lautet die Frage, ob sich die Republik eine Regelung "leisten" kann, die einem rechtsstaatlichen Grundprinzip, dem Angehörigenschutz, widerspricht, die einfache Bürger - wenn auch ausländische - in Loyalitätskonflikte und Existenznöte stürzt. Ein Aufruf zur "Pakttreue", diesmal an Justizministerin Berger, wird nicht reichen. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2007)