Nach dem Erwerb der Lotterien-Mehrheit will Karl Stoss das Glücksspiel unter einem Dach vereinen.

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Der Chef der Casinos Austria AG, Karl Stoss, hält es für "fantasie- und sinnvoll", über die Schaffung einer "Österreichischen Glücksspiel AG" nachzudenken. Nachdem schon 90 Prozent des Umsatzes im Ausland erspielt werden, soll auch die Lotterie internationalisiert werden.

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Wien - Der Chef der Casinos Austria AG, Karl Stoss, wälzt große Umbau- und Expansionspläne - und er ärgert sich. Letzteres, weil ihm die Glücksspielgesetzgebung (die jüngste Novelle hat vorige Woche den Ministerrat passiert, "Ich war gerade auf Reisen, man hat uns nicht groß informiert, das ist eine Stilfrage", meint Stoss) nicht konveniert.

In allererster Linie enervieren ihn die Zugangskontrollen und die Beschränkung der Aufenthaltsdauer an Video Lottery Terminals (VLT; das sind Spielautomaten, zu denen künftig nur volljährige Österreicher und EWR-Bürger Zutritt haben sollen), die "nur die Casinos AG betrifft und nicht die Betreiber des kleinen Automatengeschäfts".

Gerade Automatenbetreiber bewegten sich aber oft "im hochillegalen Bereich, dort findet der größte Wildwuchs statt, und statt den rigoros zu überwachen, bekämpfen, und zu strafen, verpflichtet man uns zu verschärften Kontrollen", klagt Stoss, der seit elf Monaten für Casinos Austria arbeitet.

Zudem seien die Casinos bei den VLT "steuerlich benachteiligt, weswegen wir uns aus dem Geschäft eher zurückziehen". Einer von zehn Automatenstandorten (sie heißen "Winwin" und haben zuletzt 1,5 Mio. Euro Gewinn eingespielt) sei bereits gesperrt worden; "man kann uns als einen der größten Steuerzahler Österreichs nicht als Melkkuh betrachten, darf nicht immer nur uns bestrafen", sagte Stoss am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien.

Abseits des Ärgers und angesichts des Faktums, dass die Casinos den Bawag-Anteil an der Lotterien GmbH kaufen und sodann rund 70 Prozent halten werden (siehe Grafik; die Lotterien werden heuer mehr als zwei Mrd. Euro Umsatz machen) denkt Stoss an einen radikalen Umbau des Unternehmens, genauer an eine Konzernlösung. "Ich werde mir nächstes Jahr in Ruhe anschauen, ob wir einen Gesamtkonzern basteln", kündigte er an - und es schwebt ihm dabei eine "Österreichische Glücksspiel AG" vor.

Die Entscheidung der Eigentümer vorausgesetzt, könnten die Anteile, die die Minderheitsaktionäre derzeit an den Lotterien halten, "nach oben (in die Konzernholding; Anm.) wandern", beschrieb das Stoss, eine solche Konstruktion "könnte uns zu einem der breitest aufgestellten Gücksspielkonzerne der Welt machen, mit Kasinos, Lotterien, Automaten, Internet-Plattform und Sportwettengesellschaft".

Eine Idee, die einem der Lotterien-Eigentümervertreter "durchaus gefällt, und die aus Stoss' Sicht auch Sinn macht, wenn er schon so viel Geld für den Lotterien-Anteil in die Hand genommen hat". Wie berichtet sind das 338 Mio. Euro, wobei je 150 Mio. heuer und 2008 fließen, der Rest bei Lizenzverlängerung 2012. (Stoss bestätigt den Betrag nicht.) Das Konzernthema sei aber "noch in keinem Aufsichtsrat andiskutiert, es werden sehr viele Gespräche, auch mit den kleinen Streubesitzaktionären der Casinos, notwendig werden", sagt er.

Hoffnungsmarkt Asien

Mit dem Geschäft (2006 hat die Casinos AG 3,3 Mrd. Euro umgesetzt) ist Stoss zufrieden, und trotz Rückzug aus Tschechien, Zagreb und Südafrika (da haben die Casinos International 14 Mio. Euro investiert und wollen nun ein Angebot von mehr als 200 Mio. für ihre Minderheitsbeteiligung nicht vom Spieltisch wischen) setzt man weiter auf Expansion.

Besonders Asien, Australien und Südamerika reizen Stoss, "in Asien gibt es so viele spielaffine junge Menschen". In Russland beraten die Casinos die Regierung für das Glücksspielgeschäft in vier Regionen, Wladiwostok würde laut Stoss auch die Casinos selbst interessieren, "wenn die Rahmenbedingungen stimmen"; soll heißen: Wenn die Zentralregierung die derzeit nicht vorhandene Infrastruktur wie Straßen oder Hotels zur Verfügung stellte.

Geht es nach Stoss, könnte auch bald das Rubbeln an Losen exportiert werden: Stoss liebäugelt mit Argentinien als ersten Auslandstestmarkt für die Lotterien. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.11.2007)