Die erste repräsentative Bestandsaufnahme gab es bereits ein Jahr nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Zwei jahre nach dem Fall des physischen Eisernen Vorhangs zeigte sich, dass jener in den Köpfen längst noch nicht überwunden war. „Brücken in die Zukunft“ lautete der hoffnungsvolle Titel der geplanten gemeinsamen Weltausstellung von Budapest und Wien. Doch 65 Prozent der Wiener Bevölkerung ließen 1991 diese Zukunftsbrücken bei einer Volksbefragung einstürzen.

Eine psychische Abschottung? Ganz so einfach ist es auch wieder nicht. Als im Vorjahr der Twin City Liner seinen Betrieb zwischen Bratislava und Wien aufnahm, war das Erstaunen groß: Schwupps waren die Plätze auf Monate im Voraus ausgebucht. Offenbar ist es zumindest Teilen der Bevölkerung ein großes Bedürfnis, die „neue“ Nachbarschaft zu erkunden.

So, wie auch Teile der Wirtschaftsbetriebe in der Ostregion schnell überrissen hatten, welche Chancen Ostöffnung und EU-Erweiterung bieten: Im Vorjahr erwirtschafteten österreichische Firmen allein mit den Exporten in die Slowakei 1,76 Milliarden Euro. Davon entfiel mehr als ein Viertel auf Wiener Unternehmen.

Vielleicht war die Absage der Expo durch die Wiener Bevölkerung aber gar keine nach „drüben“ gerichtete Abkapselungstendenz – sondern eine gesunde Skepsis gegenüber der heimischen Politik. Da sollten „Brücken in die Zukunft“ abgefeiert werden, die dann in der Wirklichkeit nie oder viel zu spät errichtet wurden. Der Eiserne Vorhang zur Slowakei fiel im Dezember 1989. Und genau 18 Jahre brauchte es auf österreichischer Seite, das nebbiche Autobahnteilstück „Spange Kittsee“ fertigzustellen. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 17.11.2007)