Karenna Gore Schiff gilt derzeit als eine der einflussreichsten Beraterinnen ihres Vaters, des Präsidentschaftskandidaten und derzeitigen Vizepräsidenten Al Gore. Allerdings sträuben sich sowohl Vater wie Tochter gegen den Begriff "Beraterin". "Das klingt ein wenig komisch", meint Karenna in einem Interview mit USA Today, "wir sind eben eine fest zusammengewachsene Familie. Wenn ich vor der Entscheidung stehe, ob ich die Rechtsanwaltsprüfung machen soll, ist mein Vater dann mein Berater? Vielleicht, aber im Grunde sind wir nur eine Familie, die alles miteinander bespricht." Die heute 27-Jährige wurde nach Tolstois tragischer Romanfigur "Anna Karenina" benannt. Aber bisher scheint ihr Leben noch nicht von Katastrophen gezeichnet. Sie war zwar ein rebellischer Teenager, der sich gänzlich in Schwarz kleidete und Punkrock hörte, stieg aber bald in die Fußstapfen ihres Vaters und besuchte die prestigereiche Harvard University. Vergangenen Mai promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften an der ebenfalls angesehenen Columbia University. Nachdem ihr Vater als Vizepräsident etabliert war, verbrachte sie zwischendurch ein Jahr in Spanien als Reporterin für El País und hilft ihrem Vater seitdem des Öfteren bei seiner Aussprache im Spanischen. 1997 heiratete sie den New Yorker Arzt und angehenden Politiker David Schiff. Die Zeremonie in der Washington Cathedral, bei der die berühmte Jazzsängerin Aretha Franklin Ausschnitte aus Puccinis La Bohème zum Besten gab, wurde in allen Klatschspalten besprochen. David Schiff stammt aus einer wohlhabenden und gesellschaftlich angesehenen Familie aus Manhattan. Das junge Paar bewohnt ein zweistöckiges Appartement an der New Yorker Upper East Side, das angeblich 2,5 Millionen Dollar gekostet hat. Der nunmehr einjährige Sohn Wyatt schien zu wissen, in welch patriotische Familie er geboren wurde, und erschien prompt am 4. Juli 1999, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag. Al Gore ist voll des Lobes über seine älteste Tochter: "Sie ist viel besser, als ich jemals war. Sie hat wunderbare Einblicke und ein geradezu absolutes Gehör" für wichtige Themen und Probleme. Derzeit leitet Karenna eine Website, GoreNet , die junge WählerInnen ansprechen soll. Außerdem bereist sie seit dem vergangenen Herbst das Land, um die so genannte "Generation X", der sie zweifellos angehört, dazu zu überreden, zur Wahl zu gehen - selbst, wenn sie nicht ihren Vater wählen. Mama Tipper Gore nennt sie oft scherzhaft "unsere nächste Senatorin aus Tennessee" - Karenna erklärt zwar, keine unmittelbaren Pläne für einen Einstieg in die aktive Politik zu haben, wie jede gute Politikerin schließt sie die Möglichkeit jedoch auch nicht aus. ( Susi Schneider , D ER S TANDARD , Printausgabe, 19./20.08.2000)