Natürlich kommen Randale im Fußball und in seinem Umfeld nicht von ungefähr. Er stellt die perfekte, weil größte Bühne dar, um Aufmerksamkeit zu erregen. Und er spielt dem Hooligan wie das Leben selbst mit, er ist oft ungerecht. Er lässt einen aber auch, was für viele einen schlagenden Unterschied zum Alltag darstellt, manchmal jubeln. Es bezwingt selten, aber doch sogar der Schwächere den Stärkeren.

Völliger Schwachsinn indes wäre es, die italienische Meisterschaft auszusetzen nach den Randalen, die dem unglücklichen Tod eines 28-jährigen Lazio-Fans folgten. Jenen Gewaltbereiten und -tätigen, die eine große Tifosi-Mehrheit nur "Teppisti" (auf gut Deutsch wohl Depperte) nennt, geht es nicht um den Fußball, sie benutzen ihn nur. Der Fußball ist nicht Täter, sondern Opfer. Ihn abzuschaffen käme der Schließung einer überfallenen Bank gleich. Eine Kapitulation wäre das falsche Zeichen, der Schaden ungleich größer als der vorderhand erzielte Nutzen. Allein die Tatsache, dass Italiens Regierung den Fans einiger Klubs den Besuch von Auswärtsspielen verbietet und dieses Verbot ausweiten will, stellt einen Eingriff in die individuellen Rechte vieler dar, der nicht zulässig sein sollte.

Verbaut man den "Teppisti" die eine Bühne, so werden sie eine neue suchen und finden. Siehe Deutschland, wo unterklassige Vereine mit gewaltbereiten Fans längst viel größere Probleme haben als die großen Klubs. Und findet Fußball nicht statt, so hält ein Wirtschaftsgipfel oder eine Klimakonferenz als Ventil her. Natürlich müssen Ligen und Klubs ihre Anstrengungen verstärken, die Fans unter Kontrolle zu halten, natürlich müssen Staaten ihre Sicherheitskräfte besser schulen. Doch genauso wie der Gipfel und die Konferenz weiter abzuhalten sind, genauso muss in Italien weiter der Fußball rollen. (Fritz Neumann; DER STANDARD Printausgabe 13. November 2007)