Revolutionäre kann man sich leider selten aussuchen. Die Enttäuschung, die Michail Saakaschwili den Georgiern und dem Westen bereitet hat, ist um so größer als der ungestüme, jungenhaft wirkende Politiker und seine Mitstreiter lange als die absolute Erfolgsgeschichte erschienen waren – als Organisatoren einer neuen Demokratie und Marktwirtschaft auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion.

Mit der schwer begründbaren Verhängung eines Ausnahmezustands über sein Land hat Saakaschwili einen Schlussstrich unter die „Rosen-Revolution“ vom November 2003 gezogen. Mehr noch: „Mischa“, wie die Georgier ihren jungen Präsidenten freundschaftlich-ironisch nannten, hat sich als demokratische Nullnummer erwiesen. Nicht bereit, berechtigte Kritik an wirtschaftspolitischen Entscheidungen und seinem Umgang mit bürgerlichen Freiheiten zu akzeptieren; unfähig, schwer wiegende Zweifel am neuen Rechtsstaat transparent und auf demokratischen Weg zu klären.

Denn eines ist klar: Der Grund für Georgiens aktuelle Krise sind die Vorwürfe, die ein führendes Mitglied der „Rosen-Revolutionäre“ – der frühere Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili – an den Staatschef gerichtet hatte. Statt Okruaschwilis zum Teil abstruse Anschuldigungen gerichtlich klären zu lassen zog Michail Saakaschwili die alten Register der sowjetischen Repression: Der politische Gegner kam erst ins Gefängnis, dann musste er unter Druck öffentlich widerrufen. Für die Bürger ist klar, dass an Okruaschwilis Mord- und Korruptionsvorwürfen schon etwas Wahres sein musste.

Mit schnellen Präsidentschaftswahlen in zwei Monaten versucht Saakaschwili seine Macht zu erneuern. Die Opposition hatte anderes gefordert: vorgezogene Parlamentswahlen im April, um die Legislative zu stärken. Saakaschwili dreht den Spieß um. So bahnen sich Autokraten ihren Weg. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2007)