"Hören Sie bloß nicht auf homöopathische Hinterwäldler",

schickt der Arzt der skeptischen Patientin hinterher, der er soeben das folgenschwere Schlafmittel Contergan verschrieben hat. Dem ärztlichen Geburtshelfer wäre dann "so eine Kreatur" lieber erspart geblieben, immerhin könne sie aber "bequem im Heim abgegeben" werden.

Foto:ORF/Willi Weber

Schon der erste Teil

des durch Gerichtsvorspiel und zwischenzeitliches Verbot aufsehenerregenden Zweiteilers Contergan geizte nicht mit Polarisierungen, die in ihrer provozierenden Direktheit und Brutalität die schlimmsten Vorstellungen tiefster 60er-Jahre-Borniertheit inszenierten. Ob das beim ohnehin aufwühlenden Thema fremdverschuldeter schwerer Geburtsfehler, Babys, die ohne Arme und Beine zur Welt gekommen sind, klug ist?

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Vor allem in der Darstellung

der Contergan-Hersteller – sie sind nach ersten Zweifeln der Ansicht, dass "der Fortschritt immer Opfer fordert" und der Hauptumsatzbringer nicht gefährdet werden dürfe – wird augenscheinlich, dass die Vereinfachung, die mit der Übersetzung eines zeitgeschichtlichen Stoffes in einen Spielfilm-Plot einhergeht, nicht mehr als Informationsquelle benutzt werden darf.

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Auch im zweiten Teil

wird der Anwalt Paul Wegerer (mit dem das reale Vorbild Karl-Hermann Schulte-Hillen nichts zu tun haben wollte) als rational handelnder Held hingestellt. In seiner Rolle, in der er selbst die nervenstarke Ehefrau (und Mutter des gemeinsamen Kindes, ebenfalls ein Contergan-Opfer) überstrahlt, bestätigen sich die Abstriche an ein breites, einfaches Unterhaltungskonzept. Zeitgeschichte in sachlicher Darstellung nachzulesen, ersetzt der Film jedenfalls nicht, sondern macht es erst recht notwendig. (pum/DER STANDARD; Printausgabe, 8.11.2007)

2. Teil, "Der Prozess", 8. November, 20.15, ORF 2 und ARD

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