Brüssel - Kroatien muss seine Anstrengungen vor allem bei der Justizreform und im Kampf gegen Korruption weiter verstärken, wenn es bei den Beitrittsverhandlungen mit der EU echte Fortschritte machen will. Das geht aus dem jährlichen Fortschrittbericht zu den Beitritts- und Kandidatenländern hervor, den die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel vorgelegt hat. Die Verhandlungen mit Kroatien liefen zwar gut; um Kapitel aber nicht nur eröffnen, sondern auch abschließen zu können, müsse Zagreb aber entsprechend agieren, hieß es aus der Kommission.

"Geht voran"

"Insgesamt geht die Justizreform voran, es sind aber noch erheblichen Anstrengungen notwendig, um die Schwächen des Justizsystems zu überwinden", heißt es in dem Bericht. Verbesserungen fordert die EU-Kommission auch bei den Prozessen gegen Kriegsverbrecher.

Im Kampf gegen Korruption gab es laut der Brüsseler Behörde erste Ergebnisse, "allerdings bleibt Korruption weit verbreitet", so der Bericht. Es müssten größerer Bemühungen unternommen werden, "um Korruption zu verhindern, aufzuspüren und zu verfolgen". Nach wie vor gebe es keine Anklage bzw. kein Urteil in einem hochrangigen Korruptionsfall, zudem werden Interessenskonflikte in Zagreb nicht als solche verstanden.

Bei der Lage der Minderheiten in Kroatien verzeichnet die EU-Kommission ebenfalls langsame Fortschritte, allerdings gebe es weiter kaum Jobchancen für Angehörige bestimmter Minderheiten. Es müsse ein "Geist der Toleranz" gegenüber Serben und Roma im Land geschaffen und diese besser gegen Drohungen und gewalttätige Angriffe geschützt werden. Bei der Rückkehr von Flüchtlingen hat es laut dem Bericht ebenfalls nur "begrenzte Fortschritte gegeben".

Wenig Fortschritte

Wenig Fortschritte gibt es laut EU-Kommission auch bei der Verwaltungsreform. Die Behörden stünden weiter unter politischem Einfluss - bis hin zur Rekrutierung von technischem Personal - und die Umsetzung der Gesetze bleibe weiter in den Händen von politischen Beratern, heißt es.

Zu den bilateralen Grenzstreitigkeiten mit Slowenien und Italien, in erster Linie wegen der geplanten ökologischen Fischereizone, die ab Jänner eingerichtet werden soll, heißt es in dem Bericht nur, dieser Punkt müsse noch gelöst werden. Aus der EU-Kommission hieß es im Vorfeld, diese bilateralen Probleme würden wohl erst nach den Parlamentswahlen am 25. November wieder angegangen. Mit den übrigen Nachbarländern habe sich das Verhältnis bereits deutlich gebessert.

Gute Noten stellt die Brüsseler Behörde Kroatien bei den meisten Wirtschaftsreformen aus. Auch bei der Privatisierung werden weiter Erfolge verzeichnet, darunter auch der Verkauf von verlustträchtigen Stahl- bzw. Aluminiumswerken. Kritik gibt es allerdings an den weiteren Verzögerungen bei der Restrukturierung der staatlichen Schiffswerften und der Bahnunternehmen.

Die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und Kroatien laufen seit Oktober 2005. Von den 35 Verhandlungskapiteln wurden mittlerweile 14 eröffnet, aber nur zwei - vorläufig - geschlossen. (APA)