Prag - In Tschechien wollen die oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) von Ex-Premier Jiri Paroubek der Koalitionsregierung des konservativen (ODS) Ministerpräsidenten Mirek Topolanek das Misstrauen aussprechen und Neuwahlen herbeiführen. Damit soll die gegenwärtige "tiefe Regierungskrise" beendet werden, die sich mit der "Korruptionsaffäre" des Vizepremiers Jiri Cunek noch weiter verschlechtert habe, heißt es in einem Beschluss der CSSD-Führung vom Freitag.

Die sozialdemokratische Spitze warf der Koalition vor, eine "Politik der Konfrontation und Korruption anstatt einer Politik des Dialogs" zu betreiben. Dies gefährde das Wesen der Demokratie in der Tschechischen Republik. In einem Dokument äußert die CSSD die Sorge, das Land könne im Laufe des tschechischen EU-Vorsitzes im 1. Halbjahr 2009 Imageschäden durch den Topolanek und seine Stellvertreter erleiden.

"Nach all dem, was diese Regierung im Laufe eines Jahres des Regierens vorgeführt hat, berechtigt uns die gegenwärtige Situation zur Angst vor einer historischen Schande, die uns mit Leuten wie Mirek Topolanek, Jiri Cunek oder Martin Bursik an der EU-Spitze bedroht. Jeder, der diese Regierung unterstützt, ist schon heute ein Mittäter." Noch müssen weitere Parteiorgane dem Dokument zustimmen, damit wird aber gerechnet.

Rücktritt

Cunek hatte am Donnerstag seinen Rücktritt als Viziepremier und Minister für Regionen angekündigt. Damit hat er die Konsequenzen aus dem stärker werdenden Druck der Öffentlichkeit gezogen. Ihm wird vorgeworfen, einst Schmiergeld von einer Immobilienfirma erhalten und zudem unberechtigt Sozialleistungen vom Staat bezogen zu haben.

Dass eine Misstrauensabstimmung erfolgreich sein könnte und Neuwahlen auf den Plan gerufen würden, gilt als unwahrscheinlich. Bereits im Juni musste Topolanek ein Misstrauensvotum über sein Kabinett ergehen lassen. Die Regierung hatte die Abstimmung knapp überstanden. Um das Misstrauen auszusprechen, sind im Unterhaus mindestens 101 Stimmen erforderlich, ungeachtet der Zahl der Abgeordneten im Saal. CSSD und Kommunisten (KSCM) haben insgesamt 98 der 200 Stimmen, die regierende Koalition aus ODS, Christdemokraten (KDU-CSL) und Grünen 100. An der Macht wird sie von zwei parteilosen Abgeordneten gehalten, die früher der CSSD angehörten. (APA)