Zur Person

Reinhard Malzer (57) ist Notfallmediziner am Wiener AKH und Leiter des dortigen Ausbildungsdepartements. Seit 1992 ist er bei der Rettung im Einsatz

Foto: Medstandard/Reinhard Malzer

Regina Philipp sprach mit dem langjährig im Rettungsdienst tätigen Notfallmediziner Reinhard Malzer über Herzstillstand, Erfolgsstatistik und Defibrillatoren.

STANDARD: Wie viele Einsätze hat die Wiener Rettung jährlich und bei wie vielen davon ist eine Reanimation erforderlich?

Malzer: Es sind ungefähr 150.000 Einsätze im Jahr und Reanimationen etwa 600.

STANDARD: Wie oft gelingt die Wiederbelebung?

Malzer: Lebend bringen wir zirka die Hälfte ins Krankenhaus. Das Krankenhaus lebend verlassen dann allerdings nur zehn Prozent derer, die wir vorher reanimiert haben.

STANDARD: Das klingt deprimierend. Wo besteht Handlungsbedarf?

Malzer: Außerhalb der Spitäler. Die sofortige Verständigung der Rettung und die ununterbrochene Herzmassage durch Laien bis zum Eintreffen der Rettung steigert bewiesenermaßen das Überleben eines Patienten mit einem Herzstillstand. Zunehmend an Bedeutung gewinnt in den vergangenen Jahren auch der Defibrillator.

STANDARD: Was kann so ein Defibrillator?

Malzer: Beim plötzlichen Herztod befindet sich das Herz anfänglich häufig in einem elektrischen Chaos, in dem der Blutkreislauf zum Stehen kommt. Mediziner bezeichnen es als Kammerflimmern. Mithilfe des Defibrillators kann man diese Erregung durch elektrische Stimulation durchbrechen.

STANDARD: Muss man denn geschult sein, um einen Defibrillator zu bedienen?

Malzer: Nein. Das Gerät leitet einen per Ton durch die Reanimation, gibt Anwendern genaue Anweisungen. Dann analysiert das Gerät den Herzrhythmus und schockt den Patienten nur dann, wenn er den Elektroschock auch wirklich braucht. Man kann also nichts falsch machen.

STANDARD: Im Normalfall hat man aber keinen Defibrillator zur Hand.

Malzer: Das wird sich hoffentlich bald ändern. In den Wiener Bädern und anderen öffentlichen Gebäuden finden sie zunehmend mehr Defibrillatoren, und es gibt mittlerweile auch Firmen, die diese lebensrettenden Geräte besitzen. Aber es stimmt, es sind nach wie vor viel zu wenige und es ist bedauerlich, denn mit dem Defibrillator bekommt der Patient eine echte Chance.

STANDARD: Wenn der Erfolg so offensichtlich ist, warum hängt dann nicht an jeder Ecke ein Defibrillator?

Malzer: Die Scheu, den Defi zu bedienen, ist nach wie vor groß. Man hat auch versucht herauszufinden, ob es in Wien Plätze gibt, wo es vermehrt zu Kreislaufstillständen kommt. Leider gab es da keine Häufungen. Es wäre also tatsächlich notwendig, sie überall aufzuhängen.

STANDARD: Lohnt sich diese Investition, verglichen mit der Zahl der Kreislaufstillstände?

Malzer: Ja, obwohl man sagen muss, dass die meisten Herzstillstände nicht draußen auf der Straße, sondern zu Hause passieren. Es würde sich also auch lohnen, wenn mehr Privathaushalte einen Defibrillator hätten.

STANDARD: Weniger anstrengend als eine Herzdruckmassage mit den Händen ist so ein Defi auf jeden Fall.

Malzer: Ja, wobei meistens beides benötigt wird: Herzdruckmassage und Defibrillator. Apropos anstrengend: Ende des Jahres nehmen wir an einer neuen multizentrischen Studie teil, die ein völlig neues mechanisches Reanimationsgerät testen wird. Hier wird ein Gürtel über dem Brustkorb angelegt und ein batteriebetriebenes Brett übernimmt die Herzdruckmassage. Wir hoffen, dass sich mit dieser Methode die Qualität der Massage verbessern lässt. (DER STANDARD, Printausgabe, Regina Philipp, 29.10.2007)