Plötzlich will man nicht nur des Blaufränkischen wegen ins Südburgenland fahren:

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Andreas Werner kocht im "Ratschen"...

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...bodenständig und fantasievoll zugleich.

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"Es hat was geschehen müssen", sagt Gerda Wiesler, "und jetzt haben eben wir es gemacht." Seit Jahrzehnten werden in Deutsch-Schützen und am benachbarten Eisenberg einige der herausragenden Rotweine des Landes gemacht (insbesondere durch die Familie Wiesler-Wachter selbst), dazu wirken Landschaft und Dörfer wie in einer Zeittasche aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts vergessen. Allein zum Essen gab es hier bis auf deftige Buschenschanken und schnitzelfixierte Dorfwirtshäuser nix, worauf man sich während der Anfahrt hätte freuen können.

Nun aber ließ Gerda Wiesler den einstigen Weinkeller der Familie Wachter am Ratschenberg, der durch die heiratsbedingte Fusion mit dem Hause Wiesler schon vor etlichen Jahren obsolet geworden war und leerstand, umbauen: Mit Mut zu zeitgemäßer Formensprache, mit einer Erweiterung in Form eines luftigen Wintergartens samt Terrasse mit toller Aussicht und mit einer Küche, für die mit Andreas Werner ein ziemlich idealer Küchenchef gefunden wurde.

So sollte eine Speisekarte aussehen

Werner, der bei Österreicher und Riedl gelernt hat und zuletzt im Wiener Wirtshaus Huth kochte, zeigt, wie eine Speisekarte aussehen sollte, auf die man sich während der Anfahrt freuen kann, Ortsansässigen aber gleichzeitig so viel Vertrautes bietet, dass auch abseits des Wochenendes eine Mindestauslastung gegeben sein sollte. Klar gibt es Frittatensuppe, Schnitzel und Backhendl, fein karamellisierte Krautfleckerln und ein köstliches Szegediner mit Sauerrahm - aber auch ganz anderes: Gesulzte Kalbszunge mit lauwarmem Berglinsensalat etwa oder köstlichen Ochsenschlepp, den Werner einerseits geschmort und mariniert, anderseits in luftigem Weinteig gebacken auf Salat serviert - sehr gut.

Seine außen kräftig, innen rosa gebratene Rehleber mit wunderbar gewürzten, herbstlich gefüllten Ravioli (eine unwiderstehliche Mischung aus Nüssen, Topinambur und Quitten!) ist jetzt schon die beste Vorspeise dieses Herbstes - wenn der Jäger einmal keine Rehleber übrig haben sollte, gerät sie mit Lammleber sicher genauso gut. Zander - eine besonders schöne, dicke Schnitte - wird knusprig und saftig an der Haut gebraten, dazu gibt es gefühlvoll mit Curry und Safran gewürzten Kürbis, extraflaumige Grießknödel und hauchdünne, fast durchsichtige Scheiben fetten Selchspecks, die dem geschmacklich zurückhaltenden Fisch ordentlich Kontur verleihen.

Täglich gibt es ein besonders deftiges Tagesgericht (mittwochs knuspriger Schweinsbraten, donnerstags Innereien!), für Martini sind bereits Weidegänse reserviert, die von einer Küchenkraft am Eisenberg gehalten werden - ganze 28 Wochen lang. Das Gebäck kommt von der Bäckerei Schreiner im nahen Großpetersdorf und ist von einer Qualität, wie man sie fast nur noch in entrischen Landstrichen findet. Die Weinkarte beschränkt sich keineswegs auf die eigenen fantastischen Weine, sondern bietet fast alles, was die Region zu bieten hat - zu mehr als fairen Preisen. Freude! (Severin Corti/Der Standard/rondo/25/10/2007)