Rom - Der italienische Prälat Tommaso Stenico, der sich im Fernsehen anonym als homosexuell geoutet hatte und darauf vom Vatikan suspendiert wurde, greift zur Gegenwehr. Der Geistliche, der sich als Psychologe und Mitglied der Kleruskongregation bereits öfter mit dem Thema Homosexualität befasst hatte, hat eine Liste mit schwulen Priestern und Bischöfen aufgestellt, die in der Kurie im Dienst sind, berichtete das italienische Nachrichtenmagazin "Panorama" in seiner Freitagausgabe.

Interne Machtfragen

Stenico hat diese Woche Kardinal Claudio Hummes, dem Präfekten der Kleruskongregation, ein Dossier zu seiner Verteidigung geschickt. Der Prälat soll von den vatikanischen Behörden vernommen werden. Nach Angaben von "Panorama" könnte sich Stenico mit seinen Äußerungen im Fernsehen für die Ernennung des Erzbischofs Mauro Piacenza zum Sekretär der Kleruskongregation gerächt haben, ein Posten, auf den der Geistliche stark gehofft hatte.

Stenico "nicht schwul"

Ein italienischer Fernsehsender hatte vor zwei Wochen mit versteckter Kamera aufgenommene Bilder ausgestrahlt, in denen ein Geistlicher sich als Schwuler outete und einem jungen Mann sexuelle Avancen machte. Die Gesichter der Männer waren unkenntlich gemacht, doch einige Zuschauer erkannten in dem Geistlichen den Prälaten der Kleruskongregation, Tommaso Stenico. Der 60-Jährige ist für die 400.000 katholischen Priester in aller Welt verantwortlich. Am Samstag teilte der Vatikan mit, er habe den Kurienprälaten suspendiert und eine Untersuchung eingeleitet.

Stenico beteuerte, er sei nicht schwul und habe mit seinen Äußerungen lediglich "diejenigen entlarven" wollen, "die es wirklich sind". Er habe vorgegeben, schwul zu sein, um Informationen über diejenigen zu sammeln, "die das Image der Kirche mit homosexuellen Handlungen schädigen". Er sprach von einer Falle. "Ich war ein Opfer meiner eigenen Versuche, die Kirche mit meiner psychoanalytischen Arbeit zu reinigen." (APA)