Beim Karriereforum diskutierten (von links): Michael Larsen (Mercuri Urval), Peter Eblinger (Eblinger&Partner), Cornelia Zinn-Zinnenburg (Kienbaum), Sören Buschmann (Strametz), Günther Tengel (Jenewein&Partner), Sami Hamid (Ward Howell) und Gundi Wentner (Deloitte/Wentner-Havranek)

foto: Heribert Corn
Vor rund zwanzig Jahren soll es bereits eine ähnliche Gesprächsrunde zum Thema gegeben haben. Und die Antwort auf die Frage „Braucht die Personalberaterbranche einen Ehrenkodex?“ wurde damals wie heute gleich beantwortet: Nein – da waren sich auch die Teilnehmer des aktuellen Standard-Karrierenforums einig. Schwarze Schafe werde es auch in dieser Branche immer geben – egal, ob es nun Verhaltensregeln oder einen „Code of Conduct“, wie es etwa in Aktiengesellschaften heißt, gibt oder nicht.

Potenziell auftragerteilende Unternehmen haben – zuminest was den Executive-Search-Bereich betrifft – ausreichend Branchenkenntnisse, wissen wo qualitativ hochwertige Personalberaterleistungen zu holen und zu erwarten seien, so die Diskutanten. Aber: Wie sieht es mit der Differenzierung am zunehmend größer werdenden Beratermarkt grundsätzlich aus? Was unterscheidet gute von schlechten Beraterleistungen, und wie sieht es etwa mit der Informationslage potenzieller Kandidaten bzw. angefragter Personen aus? Was nehmen sie als Qualität wahr?

Zahlreiche – auch in der Redaktion des Karrieren_Standard einlangende – Anfragen zu qualitativen Parametern bei einer Ansprache oder zu Referenzzeiten für Besetzungsprozesse, zeigen auf, dass der Informationsfluss in diese Richtung noch nicht zufriedenstellend zu funktionieren scheint. Auch dazu sollten die Teilnehmer des Karrierenforums Stellung nehmen. Es diskutierten: Gundi Wentner, geschäftsführende Gesellschafterin von Deloitte/Wentner-Havranek, Peter Eblinger, geschäftsführender Gesellschafter von Eblinger & Partner Personal- und Managementberatung, Günther Tengel, geschäftsführender Gesellschafter von Jenewein & Partner, The Amrop Heaver Group, Sören Buschmann, Partner und Managing Director von Strametz & Partner, Sami Hamid, Managing Director der Ward Howell Euroselect Personalberatung, Michael Larsen, Geschäftsführer von Mercuri Urval und Cornelia Zinn-Zinnenburg, Mitglied der Geschäftsleitung bei Kienbaum Executive Search.

Unter Zugzwang sehen sich die versammelten Berater im Geschäftsbereich Executive Search bezüglich eines Ehrenkodex nicht – Richtlinien seien ja auch via Websites klar nachzulesen. Dann schon eher als Möglichkeit eines Qualitätsausweises für andere Instrumente in der Personalsuche.

Was ist Qualität?

Im Top-Segment der Anbieter seien es andere Parameter, die Qualität dem Klienten, also dem auftraggebenden Unternehmen wie dem Kandidaten gegenüber definieren: Die Marke etwa, oder ganz allgemein das grundsätzliche Geschäftsgebaren, sicher auch langjährige und erfolgreiche Geschäftsbeziehungen oder die Haltung der jeweiligen Berater und die Unternehmenskultur in einer Branche, in der sich vieles um Diskretion und Sorgfältigkeit im Umgang mit eigenen und den Informationen anderer drehe. Ein Ehrenkodex sei also hier weniger vonnöten. Dazu komme, dass einige der Top Executive Searcher des Landes bereits als Mitglieder internationaler Verbindungen eingetragen sind, die sich bestimmten Verhaltenskodizes verschieben haben. Wie etwa jenen der Association of Executive Search Consultants (AESC, sieht Kasten rechts unten), die Sami Hamid ins Gespräch brachte. In Sachen Qualität entscheide aber auch einfach der Markt, so Hamid weiter.

Dieser wiederum hat sich aber in den vergangenen Jahren stark verändert – durch die Ostöffnung und auch durch die zunehmende Zahl an Mitstreitern, die sich in den vergangen zwanzig Jahren laut Peter Eblinger mehr als verdoppelt habe.

Scharf abgegrenzte Portfolios, fokussiert auf die Kernkompetenzen seien deshalb, so Günther Tengel, notwendig: „Das Hauptproblem der Branche in Sachen Qualitätssicherung sehe ich zurzeit auch darin, dass viele alles in ihrem Portfolio anführen – von Executive Search bis hin zu Personalvermittlung.“

Dass die Quantität an qualitativ manchmal fragwürdigen Anbietern die Kultur des Beratermarktes verändern könnte, bereitet auch Hamid keine Sorgen. „Wir arbeiten mit Kunden, die Qualität kennen“, sagt er.

Man dürfe auch durchaus dankbar für den Wettbewerb im „Low Key Bereich“ sein, so Sören Buschmann, dieser würde die Qualität des High_End-Bereiches nur stärker hervorheben. Ob das der Kultur der Branche guttue, repliziert Peter Eblinger, wage er zu bezweifeln. Er wünsche sich ein entsprechendes Standesdenken – etwa in Form eines Ehrenkodex. Den Markt – vor allem jenen der Personalberater mit derart niedrigen Einstiegsbarrieren – aber könne man nicht diktieren, sagt Michael Larsen, und auch eine Art „Code of Conduct“ würde an der Qualität, die am Markt geboten werde nichts ändern, ist er überzeugt. Im Gegenteil, er würde der Qualitätslevel nur senken, da etwa eigenständig implizierte Qualitätssicherungsmaßnahmen dadurch ins Hintertreffen geraten könnten und am Ende des Tages ohnehin nur die erbrachte Leistung zähle, sagt er. Die wichtige Frage sei doch, so Larsen, „wie transportiere ich meine Ethik Richtung Klienten und Kandidaten?“ Die persönliche Wertehaltung des Beraters sei auch das, was der Kunde zunächst wahrnehme, schließt sich Cornelia Zinn-Zinnenburg an. Denn viel wichtiger als die Frage, wie – sinngemäß untereinander – brancheninterne Qualitätsstandards oder Ethik-Richtlinien festzulegen und zu bewerten seien, „ist doch, wie diese Parameter von Kundenseite wahrgenommen werden“, so Zinn-Zinnenburg weiter.

Was die Kunden sehen und was auch künftig über die Relevanz eines Beratungsunternehmens am Markt entscheiden werde, so Gundi Wentner weiter, seien neben der persönlichen Ethik des Beraters, die technologischen Mittel für die Suche und Evaluierung, der Research, die Qualität in den Prozessen und die Ausbildung der Mitarbeiter.

Was die Prüfung der Beratungsunternehmen seitens der Kandidaten betreffe, so Günther Tengel, stehen die österreichischen jenen aus Zentral- und Osteuropa hintan. „Osteuropäische Kandidaten agieren deutlich härter und schärfer als jene hierzulande“, so Tengel. Zum einen geben sie nur dann Informationen weiter, wenn sie sich über den jeweiligen Berater kundig machen konnten und verlangen zum anderen deutlich mehr Informationen als hier in Österreich. „Offenbar wurden da auch viele schlechte Erfahrungen während der Goldgräberstimmung gemacht“.

Der Markt heute sei weitaus sofistizierter, als noch vor einigen Jahren, genauso wie die Klienten, die sich dort zurechtfinden müssen, so Sami Hamid. Österreich sei als Markt im Rahmen der Personalberatung zwar weiter entwickelt als der osteuropäische, aber noch nicht so weit wie jener in der Schweiz oder Großbritannien. Der österreichische Markt liege „in der Mitte“. Es gebe demnach einiges aufzuholen, sich mehr Schliff im Profil und in der Arbeitsweise zu verschaffen.

Zudem werden, so Günther Tengel, das Vertrauen in die jeweilige Marke sowie das Geschäftsmodell an Gewicht gewinnen. Vor allem werden es aber die Arbeitsmethoden sein, die künftig Spreu von Weizen trennen werden, sind alle überzeugt. Die Beratungsleistung als Business Partner sei deutlich in den Vordergrund gerückt. Leider, so Gundi Wentner, leiden immer noch und nicht wenige Personalberatungsunternehmen darunter, dass sie weniger als Berater, denn als Vermittler wahrgenommen werden.

„Old Boys“ im Out

Das liege nicht selten daran, so Peter Eblinger, dass sich zum einen der Dienstleistungsgedanke in partnerschaftlichem Übereinkommen wohl noch nicht allerorts durchgesetzt habe. „Viele nehmen sich für Aufträge auch zu wenig Zeit“, sagt er. Es sei auch Sache der Personalberater, auftraggebende Unternehmen als echte Business Partner zu „erziehen“, Aufträge kritisch zu hinterfragen, wenn nötig auch einmal abzulehnen. Der Fokus habe sich eben von der Suche auf die Evaluierung und „Passung“ eines Kandidaten verlagert.

Eine der Folgen daraus sei, so Sören Buschmann, dass „Old Boys Networks“ kein Gewicht mehr haben. Das „beste Netzwerk“ ins Treffen zu führen habe ausgedient, Hauptthema werde zunehmend die Qualität der Berater als Projekt-Coach sein. Die traditionelle „Identifikation“ passender Kandidaten, setzt Hamid fort, stehe auch nicht mehr im Zentrum der Arbeit, da die neuen Technologien dies wesentlich schneller und einfacher machen.

Heute gehe es um Bewertungen, um Prozessmanagement und um Qualitätssicherung. Und der Beratungsprozess müsse von Beginn an von Transparenz geprägt sein, sagt er. Diese wiederum könne ausschließlich über das Know-how des Beraters in Richtung Klienten gewährleistet werden, so Hamid weiter. Eine „Blackbox“ zwischen Auftragsvergabe und Präsentation der Kandidaten gehöre definitiv in die Vergangenheit.

Und über noch eines waren sich die teilnehmenden Diskutanten einig: Der Markt werde zweifellos enger, die Konkurrenz härter und die Kandidaten immer weniger. Dies gemeinsam mit einem Wertwandel bei den Jungen, die anders zu motivieren und anders zu halten seien als die Generation vor ihnen. Um die gute Marktposition zu behalten werde es, so Cornelia Zinn-Zinneburg, zunehmend wichtiger werden verschiedene Kanäle zur Suche aufzumachen, „einen guten Mix zu entwickeln“. Die Qualität der Dienstleistung sei dabei wichtiges treibendes Verkaufelement – in Richtung Auftraggeber wie in Richtung Kandidaten, ist sie überzeugt. Oft sei zwischen dem was verkauft und in der Folge umgesetzt werde, ein großer Unterschied, sagt sie.

„Nein sagen“

Ein Bereich, der alle Personalberatungsunternehmen in unterschiedlicher Weise betrifft und dennoch gleichermaßen beschäftigt, ist das so genannte Procurement. Ein Begriff aus der Industrie für standardisierte Einkaufsverfahren von Gütern, der nun auch im Bereich der Personalberatung im Bereich der Dienstleistung Fuß gefasst hat und – ähnlich wie bei der Beschaffung industrieller Güter für und in Unternehmen – größtmögliche Transparenz in allen möglichen Bereichen abverlangt. Nicht wenige Ab- und Zuschläge hängen von der Akzeptanz dieser Vorgaben ab.

Dient das Procurement, so Buschmann, einem Prozessvergleich, gleiche es einem Qualitätscheck – das sei gut. Gehe das Procurement allerdings weiter, sei dies in einer Branche, in der Verschwiegenheit und Diskretion Teil des Erfolges sind und über den guten Ruf eines Unternehmens entscheiden, oft Grund auch von vielversprechenden Aufträgen Abstand zu nehmen. Hamid: „Da muss man dann einfach ‚nein‘ sagen.“

Ob eine möglicherweise bevorstehende konjunkturelle Delle die Branche nachhaltig verändern werde? Ja, sagen die Diskutanten, dann zeige sich (wieder), welche Geschäftsmodelle sturmresistent sind und welche Player aus dem Markt gewaschen werden. Hamid lächelt: „Die Relevanten werden bleiben.“ Erfahrungen aus den Jahren 2002/2003 gebe es dazu ja reichlich. Beunruhigt sieht deshalb dabei keiner der Teilnehmer im aktuellen Karrierenforum aus. (Heidi Aichinger, Der Standard, Printausgabe 20./21.10.2007)