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Mode, Musik, Design oder Multimedia als Beruf und trotzdem fit mit Paragraphen und Zahlen sein – Kreative müssen mit ihrem beruflichen Tun auch Geld verdienen, so wie jeder andere Unternehmer auch. Doch vor allem Kleinstbetriebe haben bei der Gesamtrentabilität oft so ihre Schwierigkeiten. Darauf dass "in vielen Fällen mangelndes betriebswirtschaftliches Wissen Grund für die finanziellen Schieflagen ist", wies kürzlich Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, hin.

Zahlen mit Schrecken

"Da wird oft ein großes Schreckgespenst gemalt, das in der Praxis gar nicht so schlimm ist", weiß Elisabeth Noever-Ginthör, Projektmanagerin für Architektur, Design, Mode und Kunstmarkt bei "departure", eine Initiative der Stadt Wien und ein Unternehmen des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds.

"departure" fördert junge kreative Unternehmer mit verschiedenen Programmen und bietet Wirtschaftsworkshops und einen Expertenpool an. Betriebswirtschaft an sich sei nicht so schwer, wie viele Kreative oft meinen, gibt ihr Kollegin Claudia Wiegele, Leiterin Förderungen, Recht: "Es geht auch viel darum, den Kreativen die Angst davor zu nehmen." Ihre Überzeugung: Kreativität und wirtschaftliche Kenntnisse schließen sich gegenseitig nicht automatisch aus.

Größter Hemmschuh

"Wir sind genau an dieser Schnittstelle zwischen Kreativität und wirtschaftlichem Unternehmergeist", so Noever-Ginthör. "Die Stadt hat ein hohes Potenzial an Kreativen, denen allerdings oft dieser betriebswirtschaftliche Hintergrund abgeht."

Steuererklärung, Businessplan, Urheberrechte, Patentschutz, Markenschutz – in diesen Bereichen ortet sie den größten Hemmschuh und daher auch den größten Beratungsbedarf. Nichtsdestotrotz bestehe auch in Vertrieb, Marketing und Public Relations mit Sicherheit Beratungsbedarf, auch wenn diese Bereiche oft leichter von den Kreativen selbst abgedeckt werden.

Beratung, Förderungen, Workshops

Die Wirtschaftskammer Österreich will mit Gründerberatungen und einer Ausbildungskooperation mit der Universität für angewandte Kunst dem mangelnden betriebswirtschaftlichen Wissen entgegenwirken. Sie bietet Kreativunternehmern zum Beispiel die Workshopreihe "Fit4Business" an. Von Finanzierungsformen, Bankgesprächen über Marketing, Sales und Personal bis hin zu Businessplan, Controlling, Buchhaltung, Steuern, Förderlandschaft spannt sich der Bogen des kostenlosen Angebots. Es soll angehende Jungunternehmer mit Basiswissen ausstatten.

Die Plattform "Creativespace" soll zur Vernetzung zwischen traditionellen Unternehmen und den Creative Industries beitragen. "departure" bietet mit "classic" laufende Förderung für Kreative an und richtet sich mit dem Programm "departure_pioneer" auch gezielt an Jungunternehmer.

Allgemein ist das Beratungsangebot hierzulande aber nicht nur auf Wien konzentriert: Österreichweit gibt es das Förderprogramm "ImpulsProgramm" vom austria wirtschaftsservice (aws) für die Kreativwirtschaft.

Feedback

Bei "departure" ist die Resonanz der Teilnehmer aus den Workshops positiv: "Sie haben das Gefühl, dass auch an sie gedacht wird, an eine Branche, die zunächst etwas vernachlässigt wurde." Ein Motivationsschub sei vor allem das Zusammenbringen von schon Erfolgreichen aus den Creative Industries und den jungen Talenten gewesen: "Daraus hat sich in der Folge auch eine Art Mentorensystem entwickelt."

Neugründungen

Gefördert werden auch Neugründungen: "Im Idealfall tut sich der Designer mit dem Vertriebsexperten und dem Betriebswirt zusammen, das wäre dann wirklich die optimale Konstellation", so Wiegele. Bei "departure" können Gründungskonzepte eingereicht und auch die ersten Pilotprojekte gefördert werden. In dieser so genannten Pioneer-Phase muss auch auf das Know-how aus dem Expertenpool zurückgegriffen werden.

Welche Rechtsform gegründet werden soll, kann dann zum Beispiel mit dem Steuerberater diskutiert werden. Man kann sich aber auch einen Mentor aus dem Creative Industries Bereich nehmen, "mit dem man einfach noch einmal seine Geschäftsidee rückspiegeln und sich so Input holen kann".

Notwendige Förderung

Davon, dass die lange "vergessenen" Creative Industries Förderung brauchen, ist Noever-Ginthör überzeugt: "Einerseits sind sie ein ganz wesentlicher Beschäftigungsfaktor. Ohne sie wäre beispielsweise in Wien die Beschäftigungsrate in den letzten Jahren zurückgegangen."

Andererseits seien sie aber auch ein Innovationsmotor für Lebensqualität und Atmosphäre der Stadt. "Es gibt ja Wirtschaftsförderung für alle möglichen Unternehmen, aber die Creative Industries haben diese Förderangebote nie genutzt. Deshalb war es uns einfach wichtig eine eigene Agentur zu gründen, die die Gegebenheiten in diesem Bereich auch berücksichtigt", ergänzt Wiegele. (mat, derStandard.at, 22.10.2007)