Schülerin Steffi Bieller aus der 4b interviewt Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ). Künftig sollen auch andere Politiker den Kindern Rede und Antwort stehen.

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Wien - Steffi Bieller (14) hält das Mikrofon, als wäre es ein ihr vertrauter Alltagsgegenstand. Sie zittert nicht, sie spricht, ohne sich zu verhaspeln. Kurz: Sie fühlt sich sichtlich wohl auf der blauen Moderationscouch im Aufnahmestudio des Palais Epstein.

Dort fand am Montag der erste Probelauf für die ab Ende Oktober täglich stattfindende "Demokratiewerkstatt" statt - eine Initiative von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), von der sich diese erhofft, "Kindern und Jugendlichen mehr Einblick in die Parlaments- und Medienarbeit zu ermöglichen".

Dabei hilft sie am Montag auch gleich persönlich mit: "Frau Prammer, wie sind Sie zur Politik gekommen?", will Moderatorin Bieller von ihr wissen. Und: "Sie haben ja jetzt eine ziemlich hohe Stellung in der Politik. Hat sich Ihr Leben verändert?"

Geht es nach Prammer, soll es künftig keinen Pflichtschulabgänger mehr geben, "der nicht zumindest einen Workshop der Demokratiewerkstätte besucht hat". Um dieses Ziel zu erreichen, wurden im Palais Epstein, dem ehemaligen Sitz des Wiener Stadtschulrates, gleich vier Experimentierfelder für interessierte Acht- bis 14-Jährige geschaffen: Die "Politische Werkstatt", in der die Jugendlichen sich bei einer Expedition durch das Parlament auf die Spur eines Gesetzes begeben. Die Werkstatt mit Parlamentarierinnen, die den jungen Leuten für Fragen à la "Sind Gesetze für alle da?" zur Verfügung stehen. Die Partizipationswerkstatt, in der die Teilnehmer spielerisch lernen sollen, wo und wie sie im Alltag ihre Meinung einbringen können. Und: Die Medienwerkstatt, die sich abwechselnd mit Informationsmanipulation in Zeitung, Internet, Radio und Film beschäftigt.

"Ich lese überhaupt keine Zeitung" ist eine Antwort, die man von den Schülern der 4a und 4b der Kooperativen Mittelschule Enkplatz in Wien 11, die an diesem Tag als Erste in der Medienwerkstatt zu Gast sind, zu hören bekommt. Die 14-Jährige Iva Ivanovic meint: Sie hat schlicht "keine Zeit". Am Montag ist Iva als Tontechnikerin im Einsatz, während Freundin Steffi bereits für ihren späteren Berufswunsch Moderatorin übt. Den Journalistenausweis haben sie bereits bekommen - zumindest für diesen Tag.

Zeitungsvergleich

Gemeinsam mit Sophie und Gerhard haben die beiden bereits drei Zeitungen miteinander verglichen, die sie dann im Rahmen einer Presseschau vor der Kamera präsentieren mussten. Augenscheinlichster Unterschied zwischen Standard, Krone und Falter? "Die Größe." Und sonst? Wer jetzt nicht mehr weiterweiß, kann einen anwesenden Journalisten oder das Betreuerteam von "Müllers Freunde" um Rat fragen.

Die angehende Sozialanthropologin Dani Bogner ist eine von ihnen. Seit vier Jahren finanziert sie sich mit Erlebnispädagogik-Projekten wie diesem ihren Lebensunterhalt. Die Personalkostenmachen auch einen Großteil der geschätzten 300.000 bis 400.000 Euro aus, die für das Demokratieprojekt pro Jahr veranschlagt sind. Für die teilnehmenden Einzelpersonen oder Schulklassen soll das Projekt aber gratis bleiben.

Am 26. Oktober findet die große Auftaktveranstaltung auch mit halbstündigen Schnupperworkshops statt, tags zuvor wird die Website online gehen, auf der die Beiträge der Kinder nachzulesen sind. Und einmal pro Halbjahr ist die Simulation von Ausschusssitzungen geplant, damit auch die parlamentarische Hintergrundarbeit einmal beleuchtet wird. (Karin Moser/DER STANDARD Printausgabe, 16. Oktober 2007)