Freilich hatte sich der römische Bürgermeister, der am Sonntag mit überwältigender Mehrheit zum Vorsitzenden des Partito Democratico gewählt wurde, seine Kür anders vorgestellt. Die Wahl des Vorsitzenden war erst für kommendes Jahr geplant. Es war die Dauerkrise der Linksregierung, die ihn zum Sprung ins kalte Wasser zwang - eine dem Zwang des Faktischen geschuldete Entscheidung, die seinem Naturell zutiefst widerstrebt. Denn nichts hasst der Römer mehr, als Dinge dem Zufall zu überlassen. Als 15-jähriger Schüler trat er Enrico Berlinguers KPI bei, mit 21 wurde er zum jüngsten Mitglied des Gemeinderats gekürt, mit 32 saß der Absolvent der römischen Filmhochschule bereits im Parlament.
Der Journalistensohn, der seinen Vater schon als Kleinkind verlor, setzte sich durch unorthodoxen Pragmatismus vom alten KPI-Adel ab. Er konnte ungestraft behaupten, nie Kommunist gewesen zu sein, und erschreckte altlinke Dogmatiker durch seinen freundlichen Blick auf Amerika und dessen Kultur.
Als Chefredakteur verwandelte er das spröde Parteiblatt L'Unità in eine lesenswerte Zeitung, der er Bücher und Kassetten beilegte - als Tabubruch sogar das Neue Testament. Veltronis Laufbahn ist eine Erfolgsgeschichte: Er amtierte als Parteichef der Linksdemokraten, leistete als Kulturminister Beachtliches und wurde 2006 mit fast 62 Prozent als römischer Bürgermeister im Amt bestätigt. Als Folge der "Veltronomics" übertrifft Roms Bruttosozialprodukt heute jenes von Ungarn oder Tschechien. Seine "Kulturindustrie" (La Stampa) produziert unaufhörlich. Im Vorjahr etablierte der leidenschaftliche Cineast in Rom ein neues Filmfestival und landete mit seinem neuen Roman "Die Entdeckung der Dämmerung" auf der Bestsellerliste.