Am EU-Gipfel wuurde in Lissabon der EU-Reformvertrag von den Staats- und Regierungschefs beschlossen. Auf 300 Seiten werden EU und Institutionen neu definiert.

Frage: Was regelt der EU-Reformvertrag?

Antwort: Er stellt die Europäische Union auf eine neue Basis. Aus einer rechtlich unverbindlichen Gemeinschaft wird ein völkerrechtlich verantwortlicher Akteur, mit dem Vertrag wird die Union zu einem politischen Subjekt. Das Zusammenspiel der einzelnen Institutionen - Parlament, Rat und Kommission - wird neu geregelt. Das Parlament bekommt mehr Mitspracherechte, die Stimmrechte im Rat (dort vertreten die Minister bzw. Regierungschefs ihre Länder) werden neu verteilt und den Bevölkerungszahlen angepasst.

Die EU-Kommission soll verkleinert werden. Die nächste Kommission, die vom neuen Parlament 2009 gewählt wird, ist die letzte, in der jedes Mitgliedsland mit einem Kommissar vertreten ist. Die EU bekommt einen "Hohen Beauftragten für die Außen- und Sicherheitspolitik", der quasi als Außenminister fungiert und einen Präsidenten, der bei den Gipfeltreffen den Vorsitz führt. Frage: Warum sind diese Reformen jetzt notwendig? Antwort: Die Regeln, nach denen die EU derzeit arbeitet, sind noch auf deutlich weniger Mitglieder abgestimmt. Nach den Erweiterungsrunden 2004 und 2007 und mittlerweile 27 Mitgliedern blockieren Prinzipien wie Einstimmigkeit und ein Kommissar pro Land die weitere Entwicklung der Union. Frage: Ersetzt der EU-Reformvertrag die österreichische Verfassung, oder ist eine umfangreiche Änderung wie beim EU-Beitritt 1995 notwendig?

Antwort: Nein. Die österreichische Verfassung bleibt unverändert Basis des heimischen Rechts. Falls die Regierung dem Vertrag zustimmt, muss dieser auch noch vom österreichischen Parlament ratifiziert werden - so wie auch die in der Substanz seit 1920 geltende heimische Verfassung nie einer Volksabstimmung unterzogen wurde. Nur die großen, mit dem EU-Beitritt verbundenen Änderungen machten 1994 eine Volksabstimmung notwendig.

Frage: Wie sieht es mit der Neutralität aus?

Antwort: Im Reformvertrag ist die Schaffung einer Verteidigungsunion vorgesehen. Obwohl es eine gegenseitige Beistandsverpflichtung gibt, müssen Einsätze auf EU-Basis (etwa in den "Battlegroups") immer einstimmig beschlossen werden. Die EU-Kommission hält Einsätze der Union auch dann für gerechtfertigt, wenn es keinen entsprechenden UNO-Beschluss dazu gibt. (mimo/DER STANDARD, Printausgabe, 13./14.10.2007)