Wien - Am heutigen 38. Verhandlungstag des Bawag-Prozesses kam der Unternehmer und Milliardär Martin Schlaff als Zeuge. Schlaff hatte im Oktober 2006 für Helmut Elsner eine Million Euro Kaution gestellt, nachdem dieser in Frankreich zum ersten Mal verhaftet worden war. Sein Sprecher begründete diesen Schritt damals damit, dass Schlaff "einen kranken Freund" nicht im Stich lasse. Elsner war daraufhin freigelassen worden und blieb - bis zu seiner Verhaftung und Auslieferung nach Österreich im Februar 2007 - in Frankreich.

Martin Schlaff hat heute im Zusammenhang mit den liechtensteinischen Stiftungen ausgesagt. Helmut Elsner habe ihn ersucht, dass eine seiner Firmen einen Kredit nehmen und das Geld weiterleiten sollte, er habe dies aber aus bilanztechnischen Gründen und Risikoerwägungen abgelehnt. Stattdessen habe er Elsner für diese Transaktionen einen Geschäftsmann vermittelt.

Die zuvor getrennte Einvernahme der früheren Bawag-Manager hat wenig Licht in eine im Jahr 2001 beschlossene Finanzkonstruktion gebracht. Im wesentlichen geht es um eine Summe von 88 Mio. Dollar, die am 5. Jänner 2001 zunächst an vier US-Firmen geflossen ist und in der Folge am 8. Jänner 2001 weitergeleitet wurde an Firmen von Wolfgang Flöttl (Oakcliff, IAM) und von dort noch am selben Tag an die vier Bawag-Stiftungen in Liechtenstein. Für Staatsanwalt Georg Krakow sind sowohl der Kreislauf selbst, als auch damit verbundene Provisionszahlungen über rund eine Million Dollar (706.914 Euro) hinterfragungswürdig. derStandard.at-Redakteur Martin Putschögl verabschiedet sich am Ende eines etwas kürzeren, aber spannenden Verhandlungstages aus dem Wiener Landesgericht.

14:10

Peter Nakowitz präzisiert dann noch auf Nachfragen von Bandion-Ortner, wie die Sache mit dem Verrechnungsscheck für Schlaff genau abgelaufen ist – Schlaff konnte sich bei seiner Befragung am Vormittag nicht mehr erinnern. Nakowitz sagt nochmal, dass dieser Scheck nur als Ausgleich für "irgendwelche Kosten" gedacht war, die Schlaff damals entstanden waren – von den Provisionen hat er nichts gesagt. Und er siedelte diese Übergabe auch früher an als 2001, "vielleicht 1998 oder 1999", er konnte sich aber "selbst mit 110 Prozent meiner Erinnerungsleistung" nicht an den genauen Zeitpunkt erinnern.

Um 14:10 Uhr schließt Richterin Bandion-Ortner die heutige Verhandlung. Am Montag geht’s weiter mit der Befragung von u.a. Ex-Ministerin Lore Hostasch und Kaveh Alamouti.

13:45 Uhr

Es geht weiter. Die Reihen haben sich wie meistens nach der Mittagspause deutlich gelichtet. Richterin Bandion-Ortner holt zunächst Büttner in die Mitte, dann Elsner. Es geht um die Aussagen Martin Schlaffs vom Vormittag.

Salomon Meier sollte für seine Tätigkeit eine Provision bekommen – "das ist richtig", bestätigt Elsner nochmals.

Kreuch und Schwarzecker kennen Meier nicht, Zwettler auch nicht. Nakowitz "weiß nicht, ob ich ihn kenne", denn er hat damals in New York mehrere Personen der vier US-Firmen getroffen, und er weiß heute nicht mehr, ob Herr Meier dabei war. Ob damals etwas über die Provision besprochen wurde, kann er nicht mehr sagen.

12:29 Uhr

Er habe Flöttl durch Elsner kennengelernt, erzählt Schlaff, der ehemalige Generaldirektor habe von diesem immer als regelrechten "Wunderwuzzi" gesprochen, ihn also "für einen genialen Investor gehalten". Hätte Schlaff von den Verlusten gewusst, hätte das an seiner Geschäftsbeziehung zur Bawag etwas geändert? "Ja", sagt Schlaff, "ich hätte mich dringend um eine neue Hausbank gekümmert."

Dann fragt Anwalt Schubert zur Kaution in Frankreich: "Haben Sie die in der Überzeugung geleistet, dass sie nicht verloren geht, weil Herr Elsner nicht flüchten wird?" Ja, davon sei er absolut überzeugt gewesen, sagt Schlaff. Er hätte ihm aber kein Geld für die Flucht zur Verfügung gestellt, stellt er auf entsprechende Frage Schuberts klar.

Niemand hat mehr Fragen an Schlaff, dann fällt der Richterin doch noch eine ein, und Schlaff sagt dazu: "Danke, jetzt wär ich mir schon fast unnötig vorgekommen."

Will er Fahrtkosten ersetzt haben? "Danke, ich komme zurecht", meint Schlaff zum Schluss, was erneut für Heiterkeit im Zuschauerraum sorgt.

Mittagspause bis 13:30 Uhr.

12:00 Uhr

Martin Schlaff ist im Saal. Er sitzt fast unbeweglich auf dem Zeugenstuhl und gibt sich auf die ersten Fragen von Richterin Bandion-Ortner sehr, sehr kurz angebunden.

Dass er der Bawag vier US-Firmen vermittelt hat, weiß er nicht. Er weiß nur: Er hat der Bawag einen Herrn namens Salomon Meier vermittelt der seinerseits der Bawag – "wie ich heute weiß" – diese Firmen vermittelt hat.

Eine seiner Firmen sollte bei der Bawag einen Kredit nehmen und diesen zu einer anderen Firma weiterleiten – "es war die Rede von ungefähr einer Milliarde Schilling". Das Risiko bliebe bei der Bawag, er habe das aber abgelehnt, so Schlaff. "Sollten Sie für die Vermittlung des Herrn Meier irgendeine Provision bekommen?" – "Nein."


Martin Schlaff wurde heute mit Spannung erwartet.

Schlaff sagt dann, sein Steuerberater habe Firmen seiner Klienten dazu verwendet, um Provisionen der Bawag an Meier zu parken.

Kann er sich erinnern, 2001 von Nakowitz in Elsners Büro Verrechnungsschecks entgegengenommen zu haben? Nein, sagt Schlaff. Kann er sich erinnern, am 8. Februar 2001 540.000 Dollar von der Firma Oakcliff an eine der 4 Firmen des Herrn Meier gegangen sind? "Nein.“"

Er hat Nakowitz den Kontakt zu Meier hergestellt, so Schlaff. Über eine Provision habe er selbst mit Nakowitz nicht gesprochen.

11:30 Uhr

Elsner kommt herein. Seine freundschaftlichen Verbindungen zu Schlaff seien "unterbrochen. Erstens, weil ich da herinnen bin, und zweitens, seit die Vorerhebungen begonnen haben."

Ihm sei "von jemandem vom Vorstand" mitgeteilt worden, dass die Stiftungen Liquidität benötigen. "Die Idee war, das über diesen Kreditweg zu beschaffen", sagt Elsner, und fügt hinzu: "Die Idee stammt von mir."

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass der Bank dadurch Schaden entstanden sei, "geht ins Leere", so Elsner. Die Provisionszahlungen seien jedenfalls nicht an Schlaff geflossen, sondern seien karitativen Zwecken zugeführt worden.


Warum lief das Geld im Kreis, will die Richterin von Helmut Elsner - hier neben Wolfgang Flöttl - wissen: "Verschleiern wollten wir gar nix" sagt Helmut Elsner darauf.

Warum lief das Geld im Kreis, will die Richterin wissen. "Um das Geld zu schöpfen. Das Geld muss ja irgendwo herkommen", so Elsner. Details weiß er nicht mehr, was zu gehörigem Gelächter im Publikum führt. "Verschleiern wollten wir gar nix."

Kann er sich daran erinnern, dass Nakowitz in seinem, Elsners, Büro an Schlaff ein paar Verrechnungsschecks überreicht hat? Erinnern kann er sich nicht mehr, so Elsner, aber "wenn der Herr Nakowitz das behauptet hat, dann wird’s schon so sein."

540.000 Dollar gingen im Februar 2001 an eine dieser US-Firmen – "wissen Sie das?" Nein, sagt Elsner.

Dann fragt Krakow Zwettler, ob er bestimmte Provisionszahlung "durchgeführt" hat, was Elsner etwas erbost: "Entschuldigen Sie: Durchgeführt hat das überhaupt kein Vorstandsmitglied. Der ist ja nicht da gesessen und hat gebucht. Und sicher auch nicht der Herr Nakowitz. Der war ja in keiner Abteilung, wo man das technisch durchführen konnte."

Dann darf Flöttl herein. Die Firma Oacliff "hat mir gehört. Wie Sie wissen, hatte ich ja ein Boot", spielt Flöttl auf frühere Aussagen von ihm an, wo er erklärt hat, dass er seine Besitztümer stets in verschiedenen Firmen geparkt hatte. "Aha - und Oacliff war das Boot", fasst die Richterin schmunzelnd zusammen.

Er hat damals das Geld, das von den vier US-Firmen an seine Firma überwiesen wurde, "an die Stiftungen in Liechtenstein weitergeleitet". Hat er gewusst, dass die vier Firmen irgendetwas mit der Bawag zu tun hatten? Es waren Vertragspartner, das habe er gewusst.

Nakowitz habe ihn damals gebeten, dieses Geld weiterzuleiten. Über die Hintergründe sei Flöttl nicht informiert worden, das sagt dann auch Nakowitz auf Nachfrage von Bandion-Ortner. Flöttl hat dann auch Geld nach Zypern überwiesen, das sei ihm so angetragen worden, sagt er.

10:45 Uhr

Ex-Vorstand Kreuch wird als nächster befragt. Er war bei der Sonder-Vorstandssitzung im Jänner 2001 dabei, als die 88-Mio.-Kredite besprochen wurden. Ihm "ist damals entgangen", warum das Geld im Kreis herumgeschickt werden sollte, er kann sich aber jedenfalls daran erinnern, dass Schlaff die US-Firmen vermittelt hatte.

Weiß er etwas über Verrechnungsschecks, die Schlaff übergeben wurden? "Nein."

Als nächster wird Schwarzecker wieder in den Saal gebeten. Schlaff kennt er, nicht zuletzt von der "Baustelle in Jericho" (die Casino-Investition der Bawag, Anm.), er hat ihn aber "jahrelang nicht gesehen".

In die Kreditgeschäfte im Jänner 2001 war Schwarzecker "nicht eingebunden", er sei zum Beispiel als Telekommunikations-Experte im Vorstand "in den MobilTel-Deal nicht involviert" gewesen. Das Geld, die 88 Millionen Dollar, seien schon überwiesen gewesen, als im Vorstand Mitte Jänner darüber gesprochen wurde, erzählt er. Das Protokoll der Sonder-Vorstandssitzung hat er aber "gelesen und unterschrieben", er nennt es aber ein "nicht sehr präzises Protokoll".

Dann kommt Zwettler wieder in den Saal. Er kennt Schlaff "nicht sehr gut, aber ich kenne ihn". Das MobilTel-Geschäft war "extrem lukrativ", erzählt Zwettler. Elsner habe mit Schlaff vereinbart gehabt, dass man Liquidität für die Stiftungen bekomme. "Warum nicht direkt?", fragt die Richterin. Das sei eben so abgestimmt gewesen zwischen den beiden Herren, so Zwettler. "Hat man schon gewusst, wie hoch der Gewinn aus der MobilTel-Transaktion sein wird?" – "Der Markt hat geboomt", man habe davon ausgehen können, dass der Betrag von 88 Mio. Dollar "letztlich aus der Vergütung zurückkommt."

"Es war vereinbart", sagt Zwettler noch einmal auf die Frage der Richterin, die "nicht versteht", warum das Geld "im Kreis gelaufen ist". Vermittelt seien die vier US-Firmen über Martin Schlaff worden, sagt Zwettler, und "die Gespräche mit Schlaff hat der Herr Elsner geführt". Über die Verrechnungsschecks weiß er nichts, sagt Zwettler.

10:20 Uhr

Die Schleier lichten sich: Anfang Jänner 2001 wurde die Gewährung eines Kredites von 88 Mio. Dollar an vier US-Firmen beschlossen. Laut Nakowitz waren zu erwartende Gewinne aus dem MobilTel-Deal "akontiert" worden. Noch am selben Tag gingen die 88 Millionen allerdings bei vier Liechtensteiner Stiftungen ein.

Martin Schlaff sei seiner Interpretation zufolge der Mittelsmann zu vier amerikanischen Firmen gewesen, erklärt Nakowitz. Schlaff habe auch eine Provisionszahlung bekommen ("Es gab irgendwelche Kosten, und die mussten ihm ersetzt werden"), und es sei "ein Weg diskutiert worden, wie der Herr Schlaff zu seinem Kostenersatz kommt." Nakowitz habe Schlaff dann Verrechnungsschecks ausgestellt, sagt der angeklagte Ex-Vorstand, und diese ihm in Gegenwart von Elsner überreicht.


Ex-Vorstand Peter Nakowitz hat keine Erinnerung an die Überweisungen an die vier US-Firmen.

"Spontan" hat Nakowitz keine Erinnerung an die Überweisungen an die vier US-Firmen. "Das Geld geht im Kreis – wieso?", fragt ihn Bandion-Ortner. Nakowitz sagt, dass er bei entscheidenden Sitzungen nicht dabei war und "die originären Beweggründe" deshalb nicht kenne. "Würden Sie das ganze eine Verschleierungstaktik nennen?", fragt Bandion-Ortner. Nakowitz redet sich damit heraus, dass die Aktion zu einem "Übergewinn" geführt habe.

Büttner darf wieder herein. Hatte er Kontakte zu Schlaff? "Was das Geschäftliche betrifft, war Herr Schlaff immer nur Gesprächspartner des jeweiligen Generaldirektors."

"Der Hintergrund dieses Kredites (88 Mio. Dolllar, Anm.) war der, dass dieser Kredit eine Zwischenfinanzierung der Erlösbeteiligung aus dieser MobilTel-Transaktion sein sollte." Hat man schon gewusst, wie hoch dieser Anteil der Bawag sein wird? fragt die Richterin. Das könne er nicht sagen, so Büttner. Letztlich seien mit der MobilTel-Transation jedenfalls 100 Millionen Dollar verdient worden.

"Warum schickt die Bawag nicht gleich direkt das Geld an die Stiftungen?" Daran erinnert er sich nicht, so Büttner, er weiß auch nicht, wer die US-Firmen vermittelt hat. "Wesentlich ist, dass diese Transaktion eine Vorauszahlung war." Über die Provisions-Zahlungen wisse er "überhaupt nichts", so Büttner, das sehe er gerade erst zum ersten Mal.

9:25 Uhr

Nun geht es mit einiger Verzögerung los. Der Saal ist doch noch ganz voll geworden, auch die Galerie wurde geöffnet.

Staatsanwalt Krakow erläutert zunächst einen "Ausdehnungsvorbehalt" seiner Anklageschrift: Es geht um einen "Kreislauf im Kreislauf" im Zuge der Reduzierung des Obligos von vier Liechtensteiner Stiftungen bei der Bawag. "Man hat ein Obligo abgedeckt, das wirtschaftlich gar nicht berechtigt war, mit dieser Zahlung abgedeckt zu werden", erklärt Krakow.

Außerdem seien Provisionen an im Einflussbereich von Martin Schlaff stehende Firmen in Höhe von einer Million Dollar geflossen, dies habe der Bawag dezidiert einen Schaden zugefügt, fasst Krakow zusammen.

Die Richterin ersucht Elsner, Zwettler, Flöttl und Büttner, den Saal zu verlassen, während zuerst Nakowitz befragt werden soll. Elsners Anwalt Wolfgang Schubert ersucht die Richterin, auch Schwarzecker und Kreuch hinauszuschicken, was diese auch tut.


Kurz vor Beginn des heutigen Verhandlungstages ging's auch heute noch recht beschaulich zu im Großen Schwurgerichtssaal.

9:20 Uhr

Der Beginn scheint sich heute etwas zu verzögern. Um 9:20 Uhr ist noch niemand vom Richtersenat zu sehen, nur Fotografen und Kameraleute drängen sich vor dem Richterpodest. Die scheinen dafür heute recht zahlreich erschienen zu sein - ein gutes Dutzend ist anwesend. Die ersten Reihen sind schon voll besetzt, hinten sind noch viele Plätze frei.