Kein Indien ohne Film. An fast jeder Ecke lassen sich auf dem Subkontinent Beispiele für die schier grenzenlose Kinobegeisterung der Inder und Inderinnen finden. Wir beginnen unseren Streifzug in Hyderabad. Die in Zentralindien gelegene moderne Metropole ist ein wichtiges Filmzentrum - vor allem für die südindische Filmindustrie, die hauptsächlich in den Sprachen Telugu und Tamil produziert. Dieser Schnappschuss zeigt, wie gerade das Abbild eines südindischen „larger-then-life-Stars“ vor einem Kino in Hyderabad montiert wird.

Foto: Birgit Pestal

Metergroße Star-Bilder von schnauzbärtigen Schauspielern prägen das Stadtbild vieler südindischer Städte.

Foto: Birgit Pestal

Hier sehen wir z.B. ein Abbild des berühmten Schauspielers Mohan Lal. Er macht Werbung für Seide. Ob der berühmte Star überhaupt davon weiß, ist eine andere Geschichte. Die indischen Stars können im Grunde kaum kontrollieren wo, wie und für welches Produkt mit ihren Gesichtern geworben wird.
(Bild: Varkala im Bundestaat Kerala)

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Der Multiplexboom hat auch vor Indien nicht Halt gemacht. In Hyderabad finden wir z.B. auch ein modernes IMAX Kino vor dem sich gerade hunderte Menschen anreihen um das südindische Remake eines bekannten Hindi Films („Lage Raho Munnabhai“) zu sehen. Der humorvolle Film bezieht sich auf die Philosophien Mahatma Gandhis. Kaum ein Film hatte jemals so bemerkenswerten Publikumszuspruch in Indien.

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Auch die regionalen Remakes von „Lage Raho Munnabhai“ erfreuen sich großer Beliebtheit. Hier sehen wir einen Teil der Ticketschlange der Frauen vor dem IMAX in Hyderabad.

Foto: Birgit Pestal

Hier ein winziger Ausschnitt der Männerwarteschlange.

Foto: Birgit Pestal

In Hyderabad besuchen wir auch die berühmten Ramoji Filmstudios, die laut Guinessbuch der Rekorde als weltgrößter Studienkomplex gelten.

Foto: Birgit Pestal

Der Studiokomplex bietet Filmemachern Service auf höchstem technischem Niveau. Der Park ermöglicht indischen Honeymoon-Touristen ein unvergessliches Erlebnis. Rund 7000 Angestellte verdienen hier außerdem ihr täglich Brot.

Foto: Birgit Pestal

Bei einer Location-Tour durch die Filmcity sehen wir unzählige Bauten, die für Drehs verwendet werden. Dabei gibt es u.a. viele Multifunktionshäuser zu bestaunen, also Gebäude die in den verschiedenen Himmelsrichtungen unterschiedlich genutzt werden. Bis zu 10 Filmteams können in dem riesigen Gelände gleichzeitig betreut werden.

Foto: Birgit Pestal

Aufregend ist auch ein Besuch im Vergnügungspark der Filmcity. Das Thema „Bollywood“ ist dort allerdings eine Randerscheinung. „Die Inder, die hier herkommen, wollen etwas Exotisches erleben - und da bietet sich Hollywood eher als Thema an“, meint der General-Manager der Filmcity, A.V. Rao. Der Park erinnert tatsächlich an die Universal Studios.

Foto: Birgit Pestal

Zu den Orten wo die wahre Magie stattfindet, den echten Studios, haben wir allerdings keinen Zutritt. Gerade wird „Sarkar Raj“ mit Superstar Amitabh Bachchan abgedreht. Das Drehteam hat sogar ihr eigenes Privatheer an Securities (zusätzlich zum ohnehin vorhandenen Ramoji-Security-Team) mitgebracht.

Foto: Birgit Pestal

Zu sehen gibt’s dafür zwei mit Filmschrott angefüllte Lagerhallen. Die Kulissen stammen aus einer einzigen Song&Dance Szene eines kürzlich abgedrehten Films. Es wird uns beflissentlich versichert, dass möglichst viel davon wieder verwendet wird. Aufwendige Sets sind im indischen Film keine Seltenheit.

Foto: Birgit Pestal

1,75 Crore Rupien (mehr als 300.000 €) kostete etwa ein einzelner Song in dem Blockbuster „Sivaji-The Boss“, dem insgesamt „teuersten indischem Film aller Zeiten“, wie es in der indischen Presse hieß. Das „Sivaji-Poster“ zeigt den in ganz Indien sehr populären Schauspieler Rajnikant. Hier mimt er einen schlagfertigen Geschäftsmann, der mithilfe von Mafiamethoden Krankenhäuser baut und anderlei gute Dinge zustande bringt. Im Film selbst kommen Matrix-Kampf-Effekte zum Einsatz, die auch westlichen Cineasten entzückte Aufschreie entlocken dürften.

Foto: Birgit Pestal

Außerhalb der Film-Studios und der Kinos gibt es Anderes, Kontrastreicheres zu beobachten. Varanasi: Ein Mann geht barfuss an einer mit bunten Filmplakaten ausstaffierten Häuserfassade vorbei.

Foto: Birgit Pestal

Die heruntergekommenen, alten Kinos zeigen Bollywoodfilme für ca. 20-40 Rupien. Ein Multiplexbesuch kostet ein im Vergleich dazu ein Vielfaches. Inder und Inderinnen mit geringem Einkommen sind dementsprechend vorwiegend in Kinos wie diesem hier zu finden. Die Stimmung in indischen Kinosälen ist ausgelassen und geradezu unbeschreiblich euphorisch. Filme mir englischen Untertiteln gibt es aber übrigens in beiden Kinoformen nicht.
(Bild: Varanasi)

Foto: Birgit Pestal

Margao (Goa): Ein Mann, der sich noch nicht entschieden hat ob er sein Geld in den Bollywoodfilm „Big Brother“ oder den Pornofilm „Sinful Lady“ investiert. Pornokinos sind in Indien keine Seltenheit. Manchmal nennt man sie auch „National Cinema“, wie etwa in Panaji, der Hauptstadt von Goa. Es bleibt allerdings vorerst ein Rätsel ob die Nationalhymne vor dem „Blue Movie“ in diesen Kinos gespielt wird, wie es oft bei Bollywoodfilmen der Fall ist.

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Hollywoodfilme werden auf Hindi synchronisiert. Anzügliche Szenen werden vom indischen „Censor-board“ außerdem entfernt. Englischsprachige Inder bekommen Lachanfälle wenn sie darüber erzählen, wie miserabel viele Hollywoodfilme für das indische Kino aufbereitet werden. Dies könnte erklären, warum Hollywood nur etwa 5-8 % im Kinobereich in Indien einnimmt.

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In Varanasi treffen wir den Hindu Gopal, der direkt am Ufer des Ganges, an einem der bestbesuchtesten Ghats, Bollywoodfilme verkauft. Er lacht auf meine Frage, ob es mir gutes Karma bringt hier einen Film zu kaufen. Fast die Hälfte seiner Kunden sind übrigens Ausländer, meint er.

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Ein ganz anderer Mann, der auch von Bollywood lebt, ist ein Muslim namens Mohammed der im Zentrum von Hyderabad unzählige, selbstgemachte Bollywood-Postkarten und Sticker in einem ca. drei Quadratmeter großen Shop verkauft.

Foto: Birgit Pestal

Dieser Herr ist Spielzeugverkäufer in Varanasi und würde auch gerne mehr an Bollywood verdienen. „Wann immer Bollywood-Merchandising-Produkte kommen sind die gleich ausverkauft, aber leider passiert das noch sehr selten. Für den aktuellen Film „Tara Rum Pum“ z.B. verkaufen wir einfach dieses rote Auto, weil es fast genau so aussieht wie das Rennauto von Saif Ali Khan, aber es hat in Wirklichkeit nichts mit dem Film zu tun.“

Foto: Birgit Pestal

Dieser goanische Schneider hat mit Bollywood ebenfalls nicht direkt zu tun. Außer, dass er ganz genau wie der berühmte Schauspieler Abhishek Bachchan aussieht.

Foto: Birgit Pestal

In Manali (Himachal Pradesh) wohnt einer der größten Salman Khan Fans. Sein Beautysalon ist gespickt mit Postern.

Foto: Birgit Pestal

Vom Himalaya bis Goa: Bollywood-Beauty-Salons sind keine Seltenheit. Auf grammatikalische Details wird in diesem Beispiel nicht sonderlich viel Wert gelegt.

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Goanische Kinder kommen sofort angelaufen, als ich in einer Seitengasse in Calangute eine Batterie-Werbung von Superstar Amitabh Bachchan fotografieren will. Eine hiesige Bäckerei hat unter Amitabhs Konterfei auch gleich ihre Adresse dazugeklebt.

Foto: Birgit Pestal

In einem Beach-Ressort in Goa treffen wir auf ein gestresstes Bollywood-Filmteam. Dieser junge Südinder ist nicht nur Klappenträger sondern auch Assistant Director.

Foto: Birgit Pestal

Hier geht es zur Sache. Der neue Film von Indrajit Lankesh, der gleichzeitig sein Bollywood-Filmdebüt wird, trägt den Hindi-Produktionstitel „Shaadi Ke After Effects“ und sollte laut Drehplan sprichwörtlich gestern fertig gewesen sein. Eine letzte Song&Dance Nummer muss noch in Windeseile gedreht werden.

Foto: Birgit Pestal

Choreographien werden direkt am Set einstudiert. Die Choreographen geben die Schritte erst den Hintergrundtänzerinnen vor, dann betreten die Stars das Set.

Foto: Birgit Pestal

Die weißen Hintergrundtänzerinnen sind schon seit Jahren in Bollywood tätig und haben in unzähligen großen und kleinen Produktionen getanzt. Die Mädchen stammen aus Mittel und Osteuropa, vor allem aber aus Russland und Großbritannien.

Foto: Birgit Pestal

Die Hintergrundtänzerinnen Rachel und Naomi im Stewardessenkostüm mit professionellem Lächeln.

Foto: Birgit Pestal

Die Hintergrundtänzerinnen Rachel und Naomi im Sari - mit demselben professionellen Lächeln.

Foto: Birgit Pestal

Auch Held und Heldin (Arbaaz Khan und Malaika Arora Khan, die auch im wahren Leben verheiratet sind), posen netterweise für ein Foto. Malaika (bekannt durch das Musical „Bollywood-The Show“) entschuldigt sich sogar im Nachhinein, dass die Lockenwickler noch drinnen waren.

Foto: Birgit Pestal

Es wird getanzt ...

Foto: Birgit Pestal

... und getanzt ...

Foto: Birgit Pestal

... und getanzt ...

Foto: Birgit Pestal

... bis die Sonne untergeht.

Fotos und Texte: Birgit Pestal

>>> Zum Artikel: Indische Filme im Anmarsch von Birgit Pestal

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Foto: Birgit Pestal