Es kann die Musik hier im gewissen Sinne gar nicht anders als frisch bleiben, denn vor jeden Konzert muss das Instrumentarium neu erarbeitet werden. Natürlich: Man muss das alles nicht nur gehört, vielmehr auch gesehen haben. Was das Ensemble präsentiert, ist ein optisch-akustisches Gesamtkunstwerk, ein seriös erarbeiteter musikalischer Dauerwitz, der den Instrumenten- und Musikbegriff weitet und somit gut zum musikprotokoll passt, das seinen 40. Geburtstag feierte - an diesem Abend auch in retrospektiver Form.
Das Radio Symphonieorchester Wien umgarnte da Solist Ernst Kovacic beim Violinkonzert von Georg Friedrich Haas im Werksinn, was bedeutet: Die aufgeladen präsentierten Violinäußerungen vollzogen ein Spiel um Nähe und Ferne zum auratischen Orchestersatz, der zwischendurch (für eine wuchtige Beschleunigungs- und Verlangsamungsrunde) zum monumentalen Musikblock mutiert.
Unter der Leitung von Friedrich Cerha kam es dann auch bei ... miramondo multiplo ... von Olga Neuwirth zu einer eleganten Begegnung von Trompetengedanken und Instrumentenkollektiv auf Basis einer Verschmelzung von herbeizitierter Historie und gegenwärtiger Klangraffinesse. Schließlich wurde es ganz ernst bei der Feierstunde: Das Konzert für Bariton und Orchester von Cerha (nach Gedichten von musikprotokoll-Gründer Emil Breisach) wirkt wie ein Requiem der existenziellen Fragen mit den Mitteln der klassischen Moderne. Nahezu übergangslos fügen sich Teile ineinander, als wären sie gebunden durch ein Adagio, in dem das Eruptive nur kurz einen elegischen Tonfall irritiert, bis schließlich alles in eine sich entmaterialisierende Orchesterpracht mündet.
Der Mehrwert
Bei aller Rückschau im Geburtstagsjahr - empfehlenswert auch die akustische Ausstellung im Stadtmuseum -, es gab auch Neuheiten. Manches zeugt von einem tastenden Agieren im Vorzimmer des Gestaltens, manches vom geringen Mehrwert gemeinsamen Komponierens (Die Vorüberlaufenden von Mundry/Pauset), manches vom einlullenden Charme repetitiver Strukturen (triften von Peter Jakober oder Game Boy Rennaissance von Felix Kubin).