Kaum wo gibt es so viele Möglichkeiten und Chancen für Unternehmer wie in Osteuropa; darüber waren sich alle Experten des CEE-Employment Round Table, der kürzlich in der Rechtsanwaltskanzlei Wolf Theiss stattfand, einig.

Wer allerdings Mentalität, geschäftliche Usancen und vor allem das Arbeitsrecht der CEE-Staaten nicht gut kennt, kann leicht eine Bruchlandung erleben, so der ebenso einhellige Grundtenor der Diskutanten.

"Die Arbeitsrechtsordnungen, egal ob in Serbien, der Ukraine oder Slowenien, sind derzeit extrem arbeitnehmerfreundlich, genauso wie die - noch relativ junge - Rechtsprechung der Gerichte", so Gastgeber und Arbeitsrechtsexperte Ralf Peschek von Wolf Theiss: "Man kann sich keinesfalls darauf verlassen, dass ein Prozess schnell und richtig ausgeht."

Das Kernproblem, das man gerade als Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten habe, sei die Bandbreite an möglichen Verfahrensausgängen.

Keine Vorhersagen

Könne man in Österreich zumindest mit einiger Wahrscheinlichkeit das Resultat eines Prozesses vorhersagen, sei das in der CEE-Region kaum möglich. Alles scheint möglich zu sein, wie der tschechische Rechtsanwalt Karol Marsovszky anhand eines realen Falles anschaulich demonstriert: "Unser tschechischer Mandant, ein Pharmaunternehmen, berief seinen Generaldirektor aus seiner Funktion ab. Dieser ging am darauffolgenden Tag für fünf Monate in den Krankenstand, stand für keinerlei Gespräch über seine Weiterbeschäftigung mit dem Arbeitgeber mehr zur Verfügung, deutete diesem aber an, er sei an Krebs erkrankt." Drei Monate nach der Abberufung und zwei Monate vor seiner Rückkehr aus dem Krankenstand, so Marsovszky weiter, stellte das Pharmaunternehmen einen dringend benötigten Product Manager ein.

Als der Ex-Generaldirektor nach seiner "Genesung" an seinen Arbeitsplatz zurückkehrte, kündigte ihn das Unternehmen. Der unliebsame Boss zog mit dem Argument vor das Arbeitsgericht, seine Kündigung sei unwirksam: Mit Erfolg, und zwar sowohl in erster als auch in zweiter Instanz! Man hätte dem abberufenen Arbeitnehmer die Stelle des Product Managers unbedingt anbieten müssen. Die Tatsache, dass ihn das Unternehmen für schwer krank halten und die Stelle sofort besetzen musste, war für die Beurteilung des Gerichts irrelevant. "Dass die Frau des Klägers Richterin am Gericht war, ist zwar erwähnenswert, aber nicht unbedingt relevant. Die Causa wäre wahrscheinlich auch ohne diese Facette so ausgegangen", resümiert der tschechische Advokat. (Judith Hecht, Der Standard, Printausgabe 6./7.10.2007)