Future of the Left: "Curses"

Das aus den Überresten der walisisch-britischen Noiserock-Band Mclusky hervorgegangene Trio bringt auf seinem gnadenlosen Debüt die schlechte Laune in den Alternative Rock zurück. Mit quengelnden Gitarren, verzerrtem Bass und wuchtigem Schlagzeug auf Stop-and-go-Basis präzise exekutierte und gebrüllte Songs wie "The Lord Hates A Coward", "Fingers Become Thumbs!" oder "Real Men Hunt In Packs" erinnern nachhaltig daran, dass Rock’n’Roll früher einmal auch von bösen Menschen gemacht worden ist. Für Freunde von Steve Albini oder den frühen Melvins eine Offenbarung! (Too Pure/Edel)

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Future of the Left

Albumcover: Too Pure/Edel

Chrome Hoof: "Pre-Emptive False Rapture"

Wenn Prince gemeinsam mit Black Sabbath, der Rhythmusgruppe von James Brown und den Bläsern von Sun Ra schwer verkatert in futuristischen Mönchskutten steckend unter Stroboskop-Discokugeln eine auch den unsäglichen Jazzrock streifende Jamsession starten würde, bei der grunzender Death-Metal-Gesang auf Soul-Süße trifft, hat man eine ungefähre Vorstellung von diesem beachtlich daneben klingenden Album. Der sonst bei der britischen Doom-Metal-Band Cathedral beschäftigte Bassist Leo Smee verantwortet diesen Wahnsinn gemeinsam mit seinem Schlagzeugerbruder Milo. (Southern/Trost)

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southern.net

Albumcover: Southern/Trost

Scott Walker: "And Who Shall Go To The Ball? And What Shall Go To The Ball?"

Nur eineinhalb Jahre nach seinem verstörenden Meisterwerk "The Drift" veröffentlicht der notorische Einzelgänger und Poptragöde eine ruppige, minimalistische und rein instrumental gehaltene Ballettmusik, die mehr mit Musique concrète und Einstürzende Neubauten als mit Lalelu-Stücken zu tun hat. Dunkel dräuende, unendlich traurige Soundscapes auf Orchesterbasis, gebrochen durch wüste Stakkatoteile. Verwenden wir ein Unwort: "verstörend!" (4AD/Edel)

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4ad.com

Albumcover: 4AD/Edel

Einstürzende Neubauten: "Alles Wieder Offen"

In ihrem 27. Bestehensjahr werden die Berliner Altavantgardisten Mitte Oktober eines der intensivsten Alben ihrer Karriere veröffentlichen. Großteils ruhige, suchende und tastende, songlastige, lichtdurchflutete, melodienlastige Stücke, für die sich Blixa Bargeld auf der Suche nach dem unentdeckten Geräusch, gesangsmäßig enorm gereift, entschieden zurückgenommen hat. In den durchaus biografischen Texten versteckt sich Bargeld laut Eigenbekunden auch erstmals nicht hinter einem Autoren-Ich. Neues Leben in Ruinen. (Einstürzende Neubauten/Hoanzl)

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Einstürzende Neubauten

Albumcover: Einstürzende Neubauten/Hoanzl

PJ Harvey: "White Chalk"

Die große alte britische Schmerzensfrau hat sich von ihrem angestammten Instrument, der brachial wie gekonnt gedroschenen Gitarre, abgewandt. Sie präsentiert nach ihrer Rückkehr in die heimatliche Grafschaft Dorset autobiografisch erheblich aufgeladene Songs mit der Betonung auf Leid und Kummer und Klavier. Nicht die erste Kehrtwendung, die Harvey in ihrer Karriere unternimmt. Die mitunter bis an die Schmerzgrenze gehenden kammermusikalisch arrangierten Lieder, in denen der Teufel, die Mutter und die Oma beschworen werden, stehen ihr aber gut. (Island/Universal)

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PJ Harvey

Albumcover: Island/Universal

Murcof: "Cosmos"

Der mexikanische Elektronikproduzent schwelgt auf seinem neuen Album in epischen, dem Titel entsprechenden wie menschenfreundlichen Klanglandschaften. Und er entwirft neben weiten, atmosphärischen und mit großer Geste mit Sphärengebrutzel angereicherten Tracks tatsächlich einen Sound, dessen Urquelle am Besten auf einem Zug nach Nirgendwo anzusteuern ist. Der Kosmos atmet. Aber er ist einsam. (Leaf/Soul Seduction)

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The Leaf Label

Albumcover: Leaf/Soul Seduction

Grave Temple: "The Holy Down"

Gitarrist Stephen O’Malley von den Ohropax-Dröhn- und Minimal-Metallern Sunn0))) und Todes-Grunz-Gott Attila Csihar, der auch schon auf Sunn0)))s Meisterwerk "Black One" aus einem Sarg heraus rülpsend zugange war, sowie Schlagzeuger und Gitarrist Oren Ambarchi versuchen in diesem einstündigen hypnotischen Zeitlupentrack, dem Wesen lichtabgewandter Musik an die Wurzel zu gehen. Ausgehend von ruhigem Ambient-Geknuspere und Saitenschaben steigert sich das live vor Publikum in Tel Aviv aufgenommene Stück am Ende in ein kontrolliertes Feedback-Inferno, wie man es sich in diesem Genre öfter wünschen würde. Intensiv! (Southern Lord/Trost)

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southern.net

Albumcover: Southern Lord/Trost

Kraftwerk: "Aerodynamik + La Forme Remixes"

Eine Maxi-CD, auf der die alten Helden aus Düsseldorf jungen Fachkräften gnädig die Gunst einer Neubearbeitung aktueller Titel gewähren. Im Falle von Alexis Taylor und Joe Goddard für "Aerodynamik" kommt dabei ein technolastiger Housetrack heraus. Spannender wird es bei den Londoner Elektronik-Pop-Nerds Hot Chip für "La Forme". Die vergessen nämlich nicht darauf, Ralf Hütters Kompostition einen zwar rein digital pumpenden, trotzdem leicht faulen und verschlampten Krautrock-Groove in den Prozessor zu geben. (Kling Klang/EMI)

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Kraftwerk

Albumcover: Kling Klang/EMI

Pink Floyd: "The Piper At The Gates Of Dawn"

Das 1967 erschienene Debüt und gleichzeitige Meisterwerk der britischen Psychedeliker in Form einer opulenten Drei-CD-Box inklusive Mono- und Stereo-Mix sowie einiger bisher unveröffentlichter Tracks. Weiter draußen als hier (und überzeugender wie atemberaubender!) ist diese Weltraumforschung nie wieder betrieben worden. Pflicht!

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Pink Floyd

Albumcover: EMI

Manuel Göttschning: "E2 – E4"

Eine der legendärsten, lange Zeit gesuchtesten und stilprägendsten Arbeiten für die spätere Elektronik-, House- und Technoszene wurde heuer zum runden Jubiläum wieder veröffentlicht. Die einstündige, auf zwei Akkorden beruhende Komposition des deutschen Musikers, die an der Schnittstelle von Krautrock und dem Beginn der bis heute anhaltenden, so genannten Moderne entstand, klingt dabei merkwürdig modern. Warm flutende und pulsierende wie verhallte Sounds, sympathisch stolpernde Drumcomputerrhythmen vom ehemaligen Mitglied der Krautrock-Legende Ash Ra Tempel, sie waren damals definitiv ihrer Zeit voraus. Pflicht! (25th Anniversary Edition)

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Manuel Göttschning

Albumcover: 25th Anniversary Edition