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Thomas Kloibhofer, CEO des Competence Call Centers.

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Am 11. Oktober findet in Wien bereits zum 10. Mal die Call Center Convention statt. Anlässlich der Jubiläumsveranstaltung spricht Thomas Kloibhofer, Gründer und Vorstand des Competence Call Centers , im pressetext-Interview über die Entwicklung der Call-Center-Branche. Er nimmt Stellung zur Kritik an der Branche sowie zum vorherrschenden Fachkräftemangel und den Expansionsplänen seines Unternehmens.

Frage: Die Call Center Convention feiert 2007 ihr 10-jähriges Jubiläum. Welche Meilensteine in der Entwicklung der Branche sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und welche Bedeutung hat Ihrer Ansicht nach die Call Center Convention bis heute erlangt?

Kloibhofer: Historisch ist wichtig zu betrachten, dass wir mit der Call Center Convention wirklich Pioniere waren. Vor zehn Jahren haben wir das Thema in Österreich populär gemacht und versucht, es einer größeren Menge an Personen zugänglich zu machen, was uns auch gelungen ist. Auch in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz, waren wir mit der Call Center Convention die ersten, die dieses Thema aufgegriffen haben. Die Themenschwerpunkte haben sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich verändert. Es gab Jahre, in denen die Technik oder der Kundennutzen besonders im Vordergrund gestanden sind oder in denen der Schwerpunkt auf Mitarbeiterorientierung lag. Der wichtigste Erfolg ist aber, dass wir es geschafft haben, das Thema in der Wirtschaft Österreichs an oberster Stelle zu positionieren.

Frage: Welche Bedeutung messen Sie generell internationalen Branchentreffen bei?

Kloibhofer: Ich halte sie für sehr wichtig, weil unser Business immer globaler wird. So gibt es im juristischen Regelwerk Gesetzmäßigkeiten, die nicht nur für ein Land, sondern schon mindestens EU-weit gültig sind, wenn nicht sogar über die Grenzen der europäischen Union hinaus. Diese Internationalisierung und Globalisierung ermöglicht es, sich über Ländergrenzen hinweg auszutauschen und sich neues Know-how zu holen. Wir sehen zudem bei der Call Center Convention und anderen Veranstaltungen, dass die Teilnehmerzahlen von Jahr zu Jahr deutlich steigen, was den Bedarf an Branchen-Veranstaltungen unterstreicht. Gerade bei der Call Center Convention zeigt sich außerdem, dass Wien eine Brückenfunktion gegenüber den neuen EU-Ländern in der CEE-Region einnimmt. Wenn wir uns ansehen, wie viele Gäste aus Rumänien, Ungarn oder der Slowakei in Wien teilnehmen, dann ist das im Verhältnis deutlich mehr, als etwa in Deutschland oder der Schweiz.

Frage: Die Stimmung innerhalb der Branche ist zumindest laut Marktstudien positiv. In der Öffentlichkeit ist das Bild der Call-Center-Branche eher zweigeteilt. Im Mai 2007 hat Günter Wallraff mit einer verdeckten Reportage in deutschen Call Centern für Aufregung und neue Diskussionen gesorgt. Angesprochen wurden die nicht immer gesetzeskonformen Arbeitsmethoden der Unternehmen und schlechte Arbeitsbedingungen der Call Center Agents. Wie nehmen Sie zu diesem negativen Bild und den Vorwürfen gegen die Branche Stellung?

Kloibhofer: Hier stehen mehrere Aspekte zur Diskussion. Einer ist, dass gerade das Competence Call Center als Qualitätsführer in unserer Branche immer versucht, unser Unternehmen und die gesamte Branche in der Öffentlichkeit sehr positiv darzustellen, was uns auch gelingt. Wir wollen Vorbilder sein für unsere Branche und nicht die Verantwortung für die gesamte Branche übernehmen, denn dafür gibt es Branchenverbände. Doch auch wir leiden darunter, wenn über unsere Branche negativ berichtet wird. Die Call-Center-Branche ist im Vergleich zu anderen Branchen noch sehr jung. Für neue Themen braucht es deshalb auch immer eine entsprechende Entwicklungszeit und ich glaube, dass einige unserer Branchenvertreter diese Zeit benötigen, um auf den rechten Weg zu kommen. Die aktuelle Diskussion hilft der Branche und der Branchenvertretung, sich klar von den schwarzen Schafen zu distanzieren und neue Wege im Qualitätsbewusstsein einzuschlagen.

Frage: Einige halten sich noch immer nicht an die gesetzlichen Regelungen, vor allem im Bezug auf kalte Anrufe (Cold Calls - es ist gesetzlich untersagt, Privatpersonen und Geschäftsleute mit denen bisher kein Kontakt bestanden hat anzurufen, wenn diese nicht ausdrücklich ihre Zustimmung dazu gegeben haben). Warum kommen diese schwarzen Schafe noch immer vor?

Kloibhofer: Ich finde keine Erklärung dafür, unter anderem auch weil dies kein Thema des Competence Call Centers ist. Wir machen ungefähr 95 Prozent unseres Geschäftes im Incoming-Segment, das bedeutet wir nehmen Anrufe entgegen. All jene Anrufe, die wir selbst führen, finden selbstverständlich innerhalb des gesetzlichen Rahmens statt. Alles was wir uns wünschen, damit diese Diskussion sehr schnell ein Ende hat, ist, dass die gesetzlichen Regelungen nicht nur eingehalten werden, sondern dass Missbrauch auch entsprechend stark bestraft wird. Das wäre das wichtigste Signal für jene in der Branche, die diese Tätigkeiten verbotener Weise durchführen. Ich kenne erst einen Fall in Deutschland, bei dem es wirklich eine finanzielle Sanktion gegeben hat. Betrachtet man das Gesamtausmaß, wie das Unternehmen operiert und wie viel Gewinn es mit diesen Aktionen macht, war diese Strafe vernachlässigbar. Das Abschreckungspotenzial scheint noch immer nicht groß genug zu sein.

Frage: Laut einer Umfrage des Forsa-Instituts fühlen sich 86 Prozent aller Deutschen von ungebetenen Werbeanrufen genervt. Das GfK-Institut schätzt, dass täglich rund 900.000 Personen unerwünschte Call-Center-Anrufe erhalten. In der Öffentlichkeit scheint eine ablehnende Haltung gegenüber diesen Anrufen zu bestehen. Wo sehen sie Lösungsansätze, um dieses negative Bild zu verändern?

Kloibhofer: Wir haben prinzipiell in unserer Branche zwischen Business-to-Business-Anrufen und Business-to-Consumer-Anrufen zu differenzieren. Ich bin einer jener 86 Prozent. Ich fühle mich auch genervt, wenn ich abends angerufen werde, vor allem dann, wenn es ein unerwünschter Anruf ist. Ich kann das Thema voll und ganz verstehen und auch unterstützen. Anders ist es bei dem Thema Business-to-Business. Hier finde ich, dass die Gesetzgebung zu hart ist. Denn wir können davon ausgehen, dass ein Unternehmer einen anderen Unternehmer nur dann anrufen wird, wenn er sich davon auch etwas erwarten kann. Eine künftige Lösung könnte also sein, dass wir in der Gesetzmäßigkeit das Thema Consumer sehr rigoros einschränken und dafür zu einer Lockerung im Business-to-Business kommen.

Frage: Könnte dies im Privatkunden-Bereich aufgrund der ablehnenden Haltung dazu führen, dass das Instrument Telemarketing künftig seltener eingesetzt wird?

Kloibhofer: Im Consumer-Bereich kann ich mir das sehr gut vorstellen, denn das ist der Konsumentenwunsch. Wenn die entsprechenden Gesetzmäßigkeiten eingerichtet werden, wird Telemarketing aus meiner Sicht ein rückläufiges Thema sein. Bei all dem, was wir im vergangenen Jahrzehnt gelernt haben - der Konsument hat immer Recht. Wenn er sich belästigt fühlt, wird er nichts kaufen und auch keine Informationen geben wollen. Wir haben also diesem Konsumentenwunsch zu entsprechen, sowohl in der Legislative als auch aus unternehmerischer Sicht. In der Business-to-Business-Kommunikation gibt es dagegen viel Potenzial und hier sehe ich wieder Aufholbedarf.

Frage: Warum gehören scheinbar auch unterbezahlte Agents noch immer zum Alltag der Branche?

Kloibhofer: Ich kann hier nur von unserer Warte aus sprechen. Als es in Österreich die Diskussion um die Umstellung vom freien Dienstvertrag zum Angestellten gab, haben wir als erster Call-Center-Dienstleister auf Angestelltenverträge umgestellt. Wir halten all diese Gesetzmäßigkeiten ein, vielleicht ist es für andere finanziell attraktiver, dies nicht zu tun. Aber ich hoffe doch, dass für alle Beteiligten in der Branche die gleichen Gesetze gelten und dass jene Unternehmen, die sich nicht daran halten, auch die entsprechenden Strafen bekommen. Im Bezug auf das Gehaltsniveau in der Branche habe ich das Gefühl, dass wir im internationalen Vergleich für die österreichischen Mitarbeiter - vom Agent bis hin zum Management - eine ausgewogene Honorierung gefunden haben.

Frage: In Österreich gibt es rund 35.000 bis 40.000 Beschäftigte in der Call-Center-Branche, davon sind jährlich 7.000 bis 8.000 Neu- und Wiedereinsteiger. Oft wird kritisiert, dass es scheinbar keine hohen Anforderungen für Bewerber gibt, sodass praktisch jeder Call Center Agent werden kann. Wie entgegen Sie dieser Kritik und warum konnte sich bislang keine spezifische Ausbildung durchsetzen?

Kloibhofer: Wir wünschen uns, dass es spezifische Ausbildungen für unsere Branche gibt, denn das macht auch die Personalrekrutierung einfacher. Ein Teil der Fluktuation ist dadurch erklärbar, dass die Ausbildungsmaßnahmen heute noch nicht wirklich in Zusammenhang mit dem Berufsbild stehen. Andererseits gibt es auch eine sehr positive Fluktuation. Das Thema Call Center ist immer wieder ein sehr gutes Rekrutierungstool für zukünftige Produktmanager oder für Führungskräfte in anderen Bereichen. Ein guter Teil der Fluktuation entsteht aber auch durch verfehlte Arbeitsmarktpolitik, was in Deutschland noch viel schlimmer war als in Österreich. Unabhängig davon, ob man Frisörin oder Fleischer war - die Zukunft lag im Call Center. Bewerber erhalten einen Fünftagekurs und sind dann befähigt im Call Center zu arbeiten. Anders ist es im Competence Call Center. Auch wir haben unterschiedliche Zugänge, die Profile unserer Mitarbeiter sind aber alle sehr ähnlich, sodass ein sehr homogenes Bild entsteht. Wir wissen heute genau, welche Ausbildung und welches soziale Profil wir von unseren Mitarbeitern erwarten. Das ist auch einer der Gründe warum wir weniger Fluktuation als der Branchendurchschnitt haben. Unsere Agents und unsere erste Führungskräfteebene werden ausschließlich intern ausgebildet, denn wir haben gemerkt, dass am Markt nicht das angeboten wird, was wir benötigen. Unser Management belegt auch externe Managementseminare.

Frage: Mitarbeiterauswahlkriterien und interne Schulungen sollten demnach im Vordergrund stehen?

Kloibhofer: Ich glaube schon, dass es auch genügend Stoff für ein Berufsbild gibt. Verglichen mit anderen Lehrberufen habe ich das Gefühl, dass die Notwendigkeit eines Lehrberufes für die Call-Center-Branche besteht. Die Inhalte sind sehr umfassend, etwa vom technischen Aspekt der Telefonanlage bis hin zum sozialen Aspekt und kommunikativen Themen. Hier ist sehr viel profundes Know-how gefragt, daher könnte ich mir eine mehrjährige Ausbildung vorstellen.

Frage: Laufen Call Center, die nicht ausreichend qualifiziertes Personal haben, um den Kundenwünschen entgegenzukommen, nicht Gefahr, Auftraggeber zu verlieren?

Kloibhofer: Wir haben Jahr für Jahr eine ähnliche Situation. Aktuell ist es so, dass wir allein in Österreich etwa 150 offene Stellen haben, die wir nicht belegen können, weil wir nicht die richtige Qualifikation an Mitarbeitern finden. Das ist sicher ein Manko. Unsere Branche und auch unser Unternehmen verzeichnet generell ein großes Wachstum. Aber wir leiden mittlerweile daran, dass wir nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter in unser Unternehmen integrieren können, um dieses Wachstum und die Kundenwünsche noch besser erfüllen zu können.

Frage: Das Competence Call Center feiert nächstes Jahr sein zehnjähriges Jubiläum. Mittlerweile hat das Unternehmen mehr als 1.900 Mitarbeiter an sieben Standorten in fünf europäischen Ländern. An welchen Erfolgsfaktoren kann dieses Wachstum - auch über die Landesgrenzen hinweg - festgemacht werden?

Kloibhofer: Ich glaube, was uns in diese Situation gebracht hat, war der unbedingte Willen die beste Qualität in unserer Branche abzuliefern. Das haben wir immer so projiziert, dass es nie auf Ländergrenzen beschränkt war. Wir haben schon immer die Herausforderung gesucht, uns mit anderen zu messen und bei der CallCenter World auch als erstes Unternehmen für den Call Center Award in der DACH-Region eingereicht. Wir haben von Anfang an unseren qualitativen Maßstab am Höchstmöglichen orientiert und ich glaube, dass wir mittlerweile Vorbilder für andere in dieser Branche geworden sind.

Frage: Welche Visionen und Ziele haben Sie für das Competence Call Center in den kommenden Jahren?

Kloibhofer: Ich glaube, wer Thomas Kloibhofer und das Competence Call Center kennt, der weiß, dass hier keine Grenzen gesetzt sind.

Frage: Ist ein Börsegang auch ein mögliches Thema in den kommenden Jahren?

Kloibhofer: Ich glaube, dass ein Börsegang für uns immer eine mögliche und auch attraktive Option ist. Ob wir sie in den kommenden Jahren ziehen werden, hängt davon ab, welche Chancen sich am Markt bieten werden. Ich glaube, dass das Thema Börsegang sehr eng mit einer Übernahme verknüpft sein wird, dann wird es auch zu diskutieren sein. Generell ist unser Unternehmen so aufgestellt, dass wir auf diesen Schritt vorbereitet sind, wann immer wir ihn setzen werden.

Frage: Soll das Wachstum der kommenden Jahre organisch erfolgen oder sind weitere Übernahmen vorgesehen?

Kloibhofer: Wir sind ein sehr chancengetriebenes Unternehmen. In der Vergangenheit haben wir bereits Erfahrungen mit anorganischem Wachstum durch die Übernahme von Inhouse-Call-Centern gemacht. Bis jetzt haben wir aber noch keine Call-Center-Dienstleister übernommen. Prinzipiell haben wir mit unserem organischen Wachstum und dem Aufbau eigener Call Center sehr gute Erfahrungen gemacht. Wenn wir aber Chancen haben anorganisch zu wachsen, werden wir diese auch wahrnehmen. In unserem Management Team haben wir zudem mit Carita Vallinkoski eine eigene Managerin für Expansion. Das zeigt schon, dass in den nächsten Jahren genau da unser Fokus liegen wird. Wir werden in nicht allzu langer Zeit unseren neuen Standort bekannt geben, der wieder in einem neuen Land liegen wird. Wir denken, es ist ein besonders attraktives Land, aber auch eines, das geografisch nicht ganz so nah liegt, wie das der ein oder andere für möglich halten wird. Wir haben uns also einiges vorgenommen.

Frage: In den neuen östlichen EU-Mitglieder ist die Stimmung am entstehenden Call-Center-Markt heute ähnlich optimistisch wie sie in Österreich vor zehn Jahren war. Das Competence Call Center ist bereits in einige der Märkte eingestiegen. Wie schätzen Sie die dortige Marktentwicklung ein?

Kloibhofer: So wie wir in Österreich Pioniere waren, sind wir sind auch hier wieder Pioniere, gerade in Bratislava und in Bukarest. Wir haben nicht nur einen Markt zu entwickeln, sondern auch die Chance mit unserem Brand Competence Call Center wieder eine ganze Branche zu besetzen. Zugleich haben wir wichtige Pionieraufgaben wie unsere Mitarbeiter wieder von der ersten Stunde an zu schulen. Da in all diesen Ländern das Thema Call Center noch nicht so entwickelt ist wie in Österreich, können wir hier nicht nach fertigen Mitarbeitern suchen, sondern nach Mitarbeitern, die ein Profil haben, das wir entsprechend unterstützen. Wir sehen hier fast ein wenig Inhomogenität. Einerseits haben wir auf der Mitarbeiterseite sehr viel zu investieren, andererseits sehen wir, dass die fast ausschließlich großen, internationalen Auftraggeber in diesen Ländern ein hohes Qualitätsbewusstsein haben. Amerikanische, deutsche oder französische Unternehmen wollen in der Slowakei oder in Rumänien einen ähnlich hohen Qualitätsstandard, wie sie ihn aus ihren Heimatländern gewohnt sind. Es ist aber auch das Wissen vorhanden, dass diese Qualität von etablierten Unternehmen zu kommen hat, die im Westen bereits ihre Erfahrungen gemacht haben.

Frage: Ist auch das Interesse potenzieller Mitarbeiter an der Branche vorhanden?

Kloibhofer: Ja, das ist etwas, das uns sehr überrascht hat. Ich glaube, es hängt auch damit zusammen, dass unsere Branche sehr eng an den Telekommunikationsmarkt gekoppelt ist und Telekommunikationskonzerne in der CEE-Region relativ etablierte und als Arbeitgeber geschätzte Unternehmen sind. In diesem Konnex ist es auch zu sehen, dass das Thema Call Center sowohl in der Slowakei als auch in Bukarest ein sehr attraktives Arbeitgeberumfeld bietet.(pte)