„Die Regierung hat sich besser entwickelt als ich erwartet hatte“, resümiert Gallup-Chef Fritz Karmasin im STANDARD-Gespräch. Es habe nicht wenige in der Branche gegeben, die der großen Koalition kein halbes Jahr Lebensdauer vorausgesagt hätten. Es sei aber anders gekommen.

Karmasin: „Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat sich im Vergleich zum Beginn der Legislaturperiode positiv entwickelt. Er hat sich bei ausländischen Auftritten stark profiliert. Da war er weg vom Tagesgeschäft und konnte den Bundeskanzler darstellen.“ Allerdings würden ihm die gebrochenen Wahlversprechen „noch länger nachhängen.“

Vizekanzler Wilhelm Molterer wiederum habe sich als „fleißiger Arbeiter“ vorgestellt, er mache seine Sache „hervorragend“. Beide, Gusenbauer und Molterer, agierten „sehr professionell“. Karmasin: „Wenngleich sich der Vizekanzler noch viel stärker in der Öffentlichkeit präsentieren sollte.“

Warum die Regierung einen doch unerwartet stabilen Eindruck mache, liege natürlich auch an den guten konjunkturellen Entwicklungen. Das dämpfe die Verteilungskämpfe in der Koalition, argumentiert Peter Ulram vom Institut Fessel-GfK im STANDARD-Gesspräch. Auch Ulram hatte – wie Karmasin – zu Beginn Bedenken. Ulram: „Ich war mir nicht sicher, ob die große Koalition tatsächlich zustande kommt. Ich hatte gröbere Probleme erwartet.“

Am stärksten profitiere nach wie vor die ÖVP, die den Berechnungen des Fessel-Institutes zufolge „konstant zwei bis drei Prozent“ vor der SPÖ liege. Auch Ulram ist überzeugt, dass die SPÖ noch immer an den gebrochenen Wahlversprechen laboriere. Sie vermittle ebenso noch kein kompaktes Bild ihres „politischen Wollens“.

Das größte Problem der Regierung sei nach wie vor, dass sie „großteils negativ“ wahrgenommen werde, sagt der Politologe Peter Hajek. Die Parteichefs müssten sich überlegen, wie sie diese Wahrnehmung verbessern, am besten durch „gemeinsame Auftritte“, schlägt Hajek vor. Hajeks Kollege Peter Filzmaier warnt aber vor einer – von einzelnen Ministern schon praktizierten – „kommunikativen Überziehung“. Medial „zurücknehmende“ Regierungsmitglieder wie Außenministerin Ursula Plassnik kämen wesentlich besser an. (DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.9.2007)