Freude über zehn sehr gute Jahre in Wien: Antonella Mei-Pochtler und Rainer Reich.

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Für Firmenlenker sind Globalisierung, Effizienz und Kostenstruktur, Wettbewerbsfähigkeit und Strategie die obersten Herausforderungen. Innovation wird (in Europa) überraschenderweise erst danach genannt. Im Personalmanagement stehen Talentmanagement und die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft ganz oben, hat eine weltweite aktuelle Umfrage ("The Future of HR in Europe – Key Challenges Through 2015") der Strategieberater Boston Consulting Group ergeben.

Gleichzeitig erachten die Unternehmen diese Themen als ihre Schwachstellen, als die Punkte, wo sie besonders tüchtig anpacken müssen. Erfreuliche Ausreißer aus Österreich: 68 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen sich schon mit Gesundheitsmaßnahmen für die Mitarbeiter – in Europa sind es durchschnittlich nur 45 Prozent, um für ein Generationenmanagement besser aufgestellt zu sein. Im Talentmanagement allerdings liegen die heimischen Firmen weit unter dem europäischen Durchschnitt: Nur 16 Prozent werben der Konkurrenz Mitarbeiter ab, nur fünf Prozent der Unternehmen in Österreich entwickeln ein Netzwerk für ehemalige Mitarbeiter – im Gegensatz zu rund 20 im Europa-Durchschnitt.

Dass über diese Themen geredet wird, ist nicht neu und Thema einer Vielzahl von Studien und Kongressen. Wie viele Unternehmen agieren aber? "Natürlich ist gerade in den Human Resources immer entscheidend: walk the talk", sagt BCG-Wien-Geschäftsführerin Antonella Mei-Pochtler. Sie erwartet jedenfalls große Nachfrage in den Unternehmen, ihren Bedarf an Talenten aller Art zu erheben und diese dann auch global zu rekrutieren. Die Suche nach Spezialisten vonseiten europäischer Unternehmen etwa in Indien werde sich in den kommenden Jahren sicherlich vervielfachen. Aus dem nun schon bestehenden globalen Mangel an Fachexperten werde sich auch ein viel stärkeres Maßschneidern der Karrieren inklusive der zugehörigen Bindungsprogramme ergeben, ist BCG überzeugt.

Über das eigene Wachstum besteht unter diesen Rahmenbedingungen offenbar Grund zur Freude: Mit 66 Büros sind heuer zwei Mrd. Dollar Umsatz angepeilt, deutsche Manager gaben der BCG zuletzt wieder Bestnoten (Fink-Studie). In Österreich hat die BCG zuletzt von 50 auf 70 Berater aufgestockt, immer mehr "Exoten" wie Physiker, Theologen, Konzertpianisten finden sich in der Riege der Strategieberater. Gleichzeitig sind die Berater aber immer beliebtes Target für Kritik, wie sie zuletzt etwa Niki Lauda bezüglich des AUA-Managements geäußert hat. Lauda meinte sinngemäß, es handle sich um Entscheidungsschwächen. Mei-Pochtler dazu: "Herr Lauda hat nicht Recht. Da muss man sich fragen, ob das nicht eine politisch-taktische Aussage ist. Unser klassisches Projekt ist kein Notfall-Thema, sondern ein perspektivisch-strategisches." Microsoft oder Ebay seien ja wohl keine schlechten Unternehmen, hätten aber wohl Berater. Schließlich gehe es um Strategien in einer immer komplexeren und schnelleren Welt, um einen "global advantage", um Nachhaltigkeit, um Kostenkontrolle unter dem Motto "new lean". (kbau/DER STANDARD, Printausgabe, 29./30. September 2007)