Adrian Orange & Her Band
Möglicherweise das Album des Jahres! Adrian Orange, eine begnadete Kaulquappe aus Portland, fantasiert sich hier unter Mithilfe von fast zwanzig Musikern eine Volksmusik ohne dazugehöriges Land zusammen. Das Ergebnis ist eine laut scheppernde, sich gegen alles und sich selbst stemmende Musik, die funky ist, stellenweise nach Dub schielt und aus der Orange seine desperates, zwischen David Byrne und Will Oldham unentschieden schwankendes Stimmchen bis hin zur Ekstase erhebt und strapaziert: Hier wird in einem Song mehr Herzblut vergossen, ja, kübelweise verschüttet, als, sagen wir, im Gesamtwerk von U2. (K-Rec./Trost)

Link:
marriagerecs

Foto: Cover

Thanksgiving: "Bitches Is Lord"
Adrian Orange ist hier in einer früheren Inkarnation als Thanksgiving zu erleben, ein Projekt, mit dem er angeblich zehn Alben veröffentlicht hat – auch wenn hier am Rücken der CD wieder nur Adrian Orange steht – egal. Er beweist mit wunderbaren Low-Fi-Songs, dass er auch gut als uneheliches Kind von Beck und Will Oldham durchginge. Das geht schon rein biologisch nicht, meinen Sie? Wetten? Außerdem sei ihm für den Albumtitel die Ehrenmedaille des atheistischen Singkreises Stuwerviertel verliehen.

Foto: Cover

Bell Etage: "We Carried The Sunlight Down To The Day"
Bleiben wir gleich bei Superlativen: Diese heimische Band liefert ein prächtiges Rock-Album ab, dass in Indiehausen mindestens einen Zwischenkarnival der Freude verursachen müsste. Ohne den üblichen, wir-sind-so-wahnsinnig-von- ___ (hier einen der üblichen Verdächtigen einsetzen) inspiriert-Scheiß, findet Bell Etage eine eigene Sprache und einen eigenen Sound und erhebt sich damit von der ersten Sekunde des Albums über jedwede Provinzialität die bei ähnlichen Versuchen hierzulande meist mitschwingt. Das bislang überzeugendste Ö-Album von 2007. (Pumpkin/Trost)

Link:
Bell Etage

Foto: Cover

Mord: "Chapter Done"
Guter Bandname, tolles Album: Die österreichische Band Mord übt sich auf "Chapter Done" in dunklen Etüden, die mittels unterdrückt-aggressiver Riffs, an der Grenze zur Tanzbarkeit angesiedelten Beats und immer wieder hochgehenden Soundeskapaden einen zeitgenössischen Noise-Rock ergeben, der sich von historischen Vorbildern gut emanzipiert hat – ohne auf das wesentliche dabei zu vergessen: den notwendigen Druck hinter jedem einzelnen Ton. (Konkord)

Link:
Mord

Foto: Cover

Terry Manning: "Home Sweet Home"
Bis zum Vorjahr war dieses Album nur um viel Geld auf Vinyl erhältlich. Terry Manning, ein Protagonist der Memphis-Musik-Szene Ende der 60er, Anfang der 70er-Jahre, der sich später als Oberligenproduzent von ZZ Top bis Lenny Kravitz einen Namen machte, stoppelt hier Songs zusammen, die die Musikmetropole dieser Zeit widerspiegeln: Psycho-Freakout, Proto-Punk, Soul-Pop, Blues und natürlich Rock’n’Roll. Wer Alex Chilton sagt, meint auch Terry Manning. (Sunbeam)

Link:
Terry Manning

Foto: Cover

Rilo Kiley: "Under The Blacklight"
Sehr charmanter Indie-Rock aus den USA, den die Stimme von Jenny Lewis, die in einer früheren Zeit wohl eine zweite Emmylou Harris geworden wäre, zartbitter veredelt. Die Musik dazu erscheint beim ersten Kontakt eventuell etwas zu berechenbar. Aber: Irrtum! Das Album wächst, wie man so schön sagt. Und das recht bald. Eine Abtrünnige aus dem Saddle Creek-Universum. Macht nichts. (Warner)

Link:
Rilo Kiley

Foto: Cover

Tindersticks: "BBC-Sessions"
Für Vollständigkeitsfanatiker ein muss, auch sonst nicht schlecht: Auf zwei CDs versammelt sind hier sämtliche Zeit ihres Bestehens eingespielte BBC-Sessions der britischen Trauerweiden Deluxe. Chefnuschler Stuart Staples, programmatisch verschnupft, quert hier bebend das Gesamtwerk der Band – und belegt, was vorher schon einigermaßen bekannt gewesen sein sollte: Das erste Album ist unübertroffen, das zweite zu vergessen, "Curtains" dann wieder phänomenal, der Rest hält einigermaßen. (Universal)

Link:
Tindersticks

Foto: Cover

Extra Golden: "Hera Ma Nono"
Ein US-amerikanisch-afrikanisches Dream Team steckt hinter Extra Golden. Der zärtlich groovende Vierer spielt auf Basis afrikanischer Musik mit zeitgenössicher Instrumentierung eine "Volksmusik", die gleichsam traditionell als auch modern klingt. Flirrende Gitarren, leicht karibisch angehauchte Rhythmen und trotz thematisierter Trauer - der Gitarrist und Mitbegründer von Extra Golden, Otieneo Jagwasi, ist verstorben - eine zutiefst positive und bewegende Musik. (Thrill Jockey/Trost)

Link:
Extra Golden

Foto: Cover

MV & EE With The Bummer Road: "Green Blues"
Abteilung Neo-Folk. Was passiert, wenn sich Folkies mit ihren Instrumenten zulange auf engem Platz einsperren und sich nebst Bier vor allem mittels Rauchwaren "ernähren", lässt sich hier nachhören. Der erste Song heißt diesbezüglich "East Mountain Joint". Stellenweise wirklich gut, mehrheitlich jedoch genau das, warum einem die ganzen "neuen" harfenden Hippies und Lagerfeuerklampfer schwerst wohin gehen. J Mascis spielt hier übrigens Melotron. Gute Güte! (Ecstatic Peace/Trost)

Link:
Ecstatic Peace

Foto: Cover

Howlin Wolf: "Anthology"
Keine Plattensammlung ohne Howlin’ Wolf darf sich überhaupt eine solche nennen! Fakt. Diese üppige, zwei CDs umfassende "Anthology" behebt diesen eventuellen Missstand wie nichts. Chester Burnett, wie dieser Bär, dieser Vulkan, bürgerlich hieß, winselt, bellt, heult, greint und brüllt sich hier durch einige der besten Songs die je geschrieben wurden: "I Asked for Water (She Gave Me Gasoline)", "Spoonful" sowie "Three Hundred Pounds of Joy". 48 Songs die Ihrem Leben eine neue Bedeutung geben können - um schlappe 15 Euro. (Universal)

Foto: Cover