Vom Original weit entfernt. Sushi auf Steirisch heißt Karpfen statt Butterfisch und Zucchini und Kürbiskerne statt Seetangummantelung. Dies ist ein Ergebnis des Projekts Weltspeisendialog.

foto: Der Standard/Matthias Cremer

Graz - Das Standardwerk der Haushaltungsschulen, das traditionsreiche "St. Martiner Kochbuch", soll eine Revolution erleben: Erstmals soll es ein Kapitel geben, das Kochanleitungen zu exotischen und nicht typisch steirischen Speisen enthält.

Der Wunsch von Hannes Strempfl und David Fuchs vom Verein Zentrum für Natürliches (ZFN) dürfte nicht in Erfüllung gehen, doch ihre Idee, Rezepte aus aller Welt ins Steirische zu übersetzen, ging auf. Mit ihrem Projekt "Weltspeisendialog" traten sie vergangenes Schulsemester an steirische Landwirtschafts- und ernährungswissenschaftliche Schulen mit dem Vorschlag heran, sich im Kochunterricht kreativ zu betätigen und gleichzeitig steirische, möglichst Bio- Produkte zu verkochen.

Jede dieser elf Schulen suchte sich ein Land aus, dessen Hausmannskost sie übersetze. Abgesehen von Translationen, von denen man nicht weiß, ob das steirische oder das ausländische Gericht exotischer ist - beispielsweise die Übersetzung der thailändischen säuerlichen Garnelensuppe in die säuerliche Klachlsuppe - hatte die Zusammenarbeit integrativen Charakter.

Steirische Exoten

Denn es ging zwar vordergründig um die Speisen, aber auch darum, die Kulturen der jeweiligen Länder kennenzulernen, die entweder von den Schülerinnen und Schülern oder Migranten aus dem Ort vorgestellt wurden. In der Fachschule Feistritz musste nicht lange überlegt werden, welches Land zum Zug kommen sollte, besuchte doch auch die pakistanischen Schülerin Janjua Samrah Rashid die Schule. Deren Deutschkenntnisse waren damals noch dürftig, doch im Arbeitsprozess überwand sie so manche Barriere und erntete die Bewunderung ihrer Mitschüler, erzählt ihre Kochlehrerin Burgi Hotter.

Unter anderem wurde die Süßspeise Galub Jamun zubereitet, Knödel aus Grieß, Eiern, Butter, Back- und Milchpulver, die so lange in Zuckerwasser gekocht werden, bis sich die Klöße mit der Süße ansaugen. Da in Österreich wenig mit Milchpulver gearbeitet wird, hat sich Rashids Mutter anders beholfen und statt des Pulvers Kindernahrung Milumil 3 beigemengt. Das haben die Feistrizerinnen dann auch übernommen. Einige Schüler und auch deren Eltern legten sich über das normale Kochmaß hinaus ins Zeug: Ein kroatischer Schüler der FS Haidegg bei Graz wurde prompt von seinem Vater an die Adria gefahren, wo sich die beiden auf Tintenfischjagd begaben und diesen Kochshow-gerecht zubereiteten. Was die Lehrerinnen freute, war der neue Zugang der Schüler zum Kochen und Zubereiten. Während geknetet und geschnipselt wurde, wurden keineswegs die im Unterricht gelehrten Handgriffe angewendet. Sie kochten wie zu Hause und gingen aus sich heraus. Zu Beginn des Schuljahres 2007/08 wurden die Rezepte vorgestellt, sie sollen gesammelt als Buch im Medienverlag erscheinen. (Marijana Miljkovic, Der Standard, Printausgabe 25.9.2007)