Luxus und Ausbeutung, Überfluss und Arbeitsbedingungen öffnen kommentarlos das Feld, in dem die Schau zur "Kunst der Gerechtigkeit" angesiedelt ist: Un/Fair Trade verschränkt Ebenen und Methoden, sich der Un/Gerechtigkeit des globalen Handels zu nähern, die Rolle von Industrie und Politik zu hinterfragen. Sie versucht, Wege im Abseits der ausgewaschenen Globalisierungskritikpfade und ihrer "Täter-Opfer"-Polarisierung aufzuzeigen.
Der Tausch
Die Kuratoren für den künstlerischen Teil der Schau, Peter Weibel und Günther Holler-Schuster, haben bewusst Künstler gewählt, deren Methoden und Praktiken nicht unmittelbar aus Sozialwissenschaften oder der Ökonomie entwendet sind. Sie haben metaphorische Annäherungen, poetisch assoziative Materialsammlungen bzw. subjektiv Dokumentarisches versammelt, um Geschichte und Rahmenbedingungen eines un/gerechten Tausches zu beleuchten, die Inszenierungen des Tausches selbst transparent zu machen und die konkreten Auswirkungen von "un/gerechtigkeit".
Romuald Hazoumé zeigt neben seinen Masken aus Plastikabfall ein riesiges Panoramabild eines nur an der Oberfläche "netten" Tiermarktes im Benin. Neben Tieren werden dort aber eben auch Kinder als Arbeitskräfte verkauft: Market Forces (better to sell meat than Man). Fernando Moleres zeigt in einer Serie von Schwarz-Weiß-Fotos Kinderarbeit von Indien über Ruanda bis Bangladesh. Der kubanische Künstler Kcho versieht Krücken mit Ruderblättern und vermittelt, dass Boat-People letztlich eine EU-hausgemachte Problematik sind, dass Subventionen bisweilen nur als Start-up-Hilfen für neue kapitalistische Modelle dienen.
Das Nutzvieh
Kristian von Hornsleth hat als Künstler ein konkretes Projekt verwirklicht: Er hat den Bewohnern eines Dorfes Nutzvieh zu Verfügung gestellt: Im Gegenzug musste sich jeder Bewohner verpflichten, Hornsleths Namen anzunehmen: "Hornsleth Village" in Uganda boomt! Die Identity-Cards mit seinem nun 108-fach vergebenen Namen dienen als "Marke". Die soziologische Ebene, in die die Schau eingebettet ist, findet ebenso klassisch im Begleitbuch und im Zuge diverser Podiumsveranstaltungen statt, wie sie - ganz zeitgemäß - als interaktiver Saaltext mit Anbindung an netzgespeiste Quellen den Besucher fordert, sich selbsttätig einen Handapparat an Materialien zusammenzustellen - einen eigenen Text zur Ausstellung zu entwickeln.