Man kann sich natürlich auch einfliegen lassen, wenn man nicht in den langen Autoschlangen Parkplatz suchen will.

Hier geht's zum Bericht von Bernhard Hlavicka

Wirtshaus Pogusch
Pogusch 21, A-8625 Turnau
03863/2000 oder /5151
Do-So 10-24 Uhr, Küche: 11:30-22 Uhr

Zwei Menüs mit Extras zu zweit, dazu ausgiebig Wein und Kaffee: 140 Euro

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Das Steirereck auf dem Pogusch hat mich auf den Geschmack gebracht, vor inzwischen, so ungefähr, einer Dekade, und ist zumindest mitschuld an meiner Fressmanie.

So viertel- bis halbjährlich hab' ich auf dem Hügel bei Turnau in der Steiermark die (preisliche) Lightvariante des Vielhaubers in Wien genossen, aus vollsten Zügen und fast immer schwer begeistert. Vom ebenso üppigen wie einfallsreichen Essen, vom ungemein professionellen wie freundlichen Service, von den doch recht moderaten Preisen für ziemlich feine Weine - da sieht man gerne auch übers geballte Alpendisney hinweg, ja freut sich geburtstags gar über die beiden Dirndldamen mit der Knöpferlharmonika und ihrem überraschend strophen- und erwartet rührungsreichen Erzherzogjohannjodler.

Auch andere Wirte haben schöne Gerichte

Aber irgendwann langweilen sich selbst Dilettanten wie ich, mithin bei solcher Frequenz, auf hohem Niveau. Auch andere Wirte haben schöne Gerichte. Also: Griaß di!, wie es die gewaltigen Lettern auf der Scheune vor dem (beinahe kulinarisch-industriellen) Steirereckkomplex dem Ankommenden entgegenbrüllen, ob mit dem Golf (wie ich) oder den aus Wien helikoptermäßig eingeflogenen Einefetzern (wie wir früher wahrscheinlich gesagt hätten).

Den vorläufigen Schlusspunkt (Griaß di!) setzten H. und ich vor sicher auch schon wieder sechs, sieben Jahren beim Frühstück danach. Nach der Rundwanderung über den Bründlweg, einem gewohnt ausufernden Essen und einer ebenso gewohnt komatösen Nacht in der herrlichen Pension Knebelreiter trafen wir zum Frühstück auf dem Pogusch unsere ebenso blitzgescheite wie anmutige Damenbegleitung vom Vortag wieder. Etwas angeschlagen noch vom Abend, aber durchaus nicht völlig grantig. Bis zur Bestellung.

Niere zum Frühstück

Die Damen orderten Milchkaffee mit sonst bitte nichts. Meine Vernunft riet mir zur Kernöleierspeise mit ordentlich Schwarzbrot zur Reparatur, was unsere weibliche Tischgesellschaft noch, wenn auch röchelnd, akzeptiert hätte. H. allerdings empfahl die seine: geröstete Nierndln.

Grundgescheit, dachte ich noch, damals allerdings noch nicht ganz so begeistert von Innereien im Allgemeinen und von der Niere im Besonderen. Grundgrauslich, oder so ähnlich, dürften die Damen gedanklich synchrongewürgt haben, stürzten ihren Kaffee hinunter und verschwanden knapp grüßend gen Wien, bevor wir unser Frühstück bekamen.

Für die Nieren zum Frühstück braucht man längst nicht mehr Richtung Turnau brettern (auch wenn der Tunnel unterm Semmering den Weg angenehm verkürzt). Das geht, entsprechend abgehärtete Begleitung vorausgesetzt, längst auch in der Meiererei im Wiener Stadtpark. Über den Euro extra (oder waren's nur 70 Cent?) für ein bisschen Butter extra in einer Runde von acht ausgiebig bestellenden Frühstückern sieht man dort am besten zwanglos hinweg. Na griaß di. Fällt für mich ein bisschen in die - gemeinhin so hohe - Servicequalität der Reitbauers.

Strenge Begrüßung

Die braucht auch bei unserem Besuch auf dem Pogusch offenkundig eine kleine Aufwärmrunde: Frau Reitbauer senior will uns erst ziemlich harsch abwimmeln, weil sie unsere Reservierung im System nicht findet. Mein Argument hilft: Wer fährt bitteschön von Wien auf den Pogusch, ohne vorher zu reservieren? Ich jedenfalls suche aus Erfahrung erst ein Quartier, wenn ich einen Tisch habe - wiewohl der Schererwirt in Thal auch sehr, sehr anständig kocht. Frau Reitbauer zeigt Einsehen.

Und wie war das Essen? Kalbskopf und Zunge mit Kartoffelpüree und karamellisierten roten Rüben eine ordentliche Unterlage für das Weinangebot, die marinierte Lachsforelle mit Paradeiser und Hüttenkäse anständig, ebenso das "Zanderbrot" mit - so die Notiz meiner Begleitung - "köstlichem" Cremespinat. Das Beiried vom Almochsen hat Herr Hlavicka schon nebenan gelobt, eine gewaltige Portion als zweiter Menügang.

Reh und Wildkarpfen

Nicht gewaltig genug, um mich von Beef Tatare als Zwischengang abzuhalten, viel Senf und Gurkerl, absolut gut, aber schon hinreißender gegessen. Das Reh in würziger Sauce, wunderbar rosa, mit Knödel und Rahmpilzen, herausragend. Auch der Wildkarpfen von nebenan mit viel Knoblauch und Zwiebeln entpuppte sich als ziemlich hinreißend. Schlusspunkt: Erst schwitzten die Käse mitten im Lokal, dann ich über die freilich noch sehr genießbaren Stinker. Kein Wunder nach den Menüportionen und meinem rohen Rind extra.

Niere zum Frühstück ging sich dann - wegen Ruhetag zu Wochenbeginn - nicht mehr aus. Schade eigentlich.