Umstrittenes Ziel der Drohungen: der Künstler Lars Vilks.

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Wer den „ungläubigen Verbrecher“ Lars Vilks tötet, wird mit 100.000 Dollar belohnt – noch einmal bis zu 50.000 zusätzlich gibt es für den, der ihn „schlachtet wie ein Lamm“: Das ist die Botschaft einer am Samstag im Internet veröffentlichten Tonbandaufnahme. Der irakische Arm der Terrorgruppe Al-Kaida hat ein Kopfgeld auf den schwedischen Künstler ausgesetzt – und auf Ulf Johansson, den Chefredakteur der Regionalzeitung Nerikes Allehanda, die Vilks Darstellung des Propheten Mohammed als Hund abgedruckt hat.

Wenn von schwedischer Seite keine Entschuldigung komme, werde Al-Kaida gegen schwedische Großunternehmen wie Ikea, Ericsson und Volvo vorgehen, heißt es weiter auf dem Tonband. „Jetzt hat Schweden seine eigene Salman-Rushdie-Affäre“, kommentierte Dagens Nyheter. Die Mehrzahl der großen schwedischen Blätter hatte die Vilks-Karikatur publiziert, ohne nennenswerte Reaktionen auszulösen. Sie verurteilten die Drohung einhellig.

Schwedens Premier Fredrik Reinfeldt und Außenminister Carl Bildt lehnten eine Stellungnahme ab. Dies sei „eine Angelegenheit der Polizei und nicht der Politik“, sagte der Pressesprecher des Regierungschefs. Das geht dem Zeichner wie auch Johansson zu allerdings zu weit. Beide kritisierten in heimischen Medien, ihnen sei unbegreiflich, dass die Regierung den Mordaufruf nicht öffentlich verurteile. Vonseiten der Geheimpolizei Säpo hieß es, man nehme die Drohung „außerordentlich ernst“. Laut Polizeisprecher Torbjörn Carlsson sind nicht näher bezeichnete „Maßnahmen zum Schutz von Lars Vilks“ eingeleitet worden.

Der Künstler selbst erklärte: „Das ist jetzt wohl mehr als Theaterdonner gemeint, als das es ausgeführt werden soll. Ich habe keine Angst.“ Er räumte aber ein, auch er nehme die Todesdrohung ernst: „Natürlich kann man eine solche Organisation nicht so einfach abfertigen.“

Unternehmen verstärken Sicherheitsvorkehrungen

Schwedische Unternehmen in Nahost haben unterdessen die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Man habe sämtliche Firmen-Flaggen gekappt und die Angestellten aufgefordert, keine Firmen-Logos zu tragen und besondere Vorsicht walten zu lassen, sagte eine Ericsson-Sprecherin.

In Schweden hatte es in der vergangenen Woche so ausgesehen, als würde die Krise abklingen. Die Initiative von Reinfeldt, die Botschafter muslimischer Länder zum Gespräch einzuladen, war wohlwollend aufgenommen worden. Auch muslimische Organisationen in Schweden hatten sich für eine Deeskalation eingesetzt.

Nach der Aussetzung des Kopfgeldes hat der „Muslimische Rat Schwedens“ nun „ausdrücklich Abstand“ von den Drohungen genommen. „Wir haben einen guten Dialog mit Politikern und anderen Kräften eingeleitet“, hieß es. Mahmud Aldebe, umstrittener Vorsitzender der größten muslimischen Dachorganisation, des „Muslimischen Verbandes Schwedens“, der 2006 eigene Scharia-Gesetze für Schwedens Muslime gefordert hatte, appellierte auf Arabisch an die Al-Kaida, die Drohungen zurückzunehmen. „Wir können in Schweden unsere Probleme selbst lösen“, so Aldebe. „Wir wollen nicht, dass Schweden, das Abstand vom Irakkrieg genommen hat, von dieser Art Drohungen betroffen wird.“ (Anne Rentzsch aus Stockholm/DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2007)