"Es gibt keinen Anlass, die gentechnikkritische Linie zu verlassen", stellt Umweltminister Josef Pröll fest.

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Linz - Die Enttäuschung über die ablehnende EuGH-Entscheidung in Sachen Gentechnikverbot war am Donnerstag groß. Alle Verantwortlichen bemühten sich aber um Beschwichtigung und versicherten, in Österreich werde auch weiterhin kein Gentechnik-Anbau erfolgen. Durch die Bank wurde von der EU eine Antwort auf die Frage der Koexistenz verlangt. Auch Forderungen nach einer Aufstockung der Forschungsgelder, bundeseinheitlichen Regelungen und nach kulturartenbezogenen Verbotsregelungen wurden laut.

Beruhigungsversuche

Der oberösterreichische Agrarlandesrat Josef Stockinger (ÖVP) und Umweltlandesrat Rudi Anschober (G) zeigten sich zwar enttäuscht, versuchten aber zu beruhigen: "An der konkreten Situation ändert sich nichts." Oberösterreich bleibe mit seinem Vorsorgegesetz auf der "sicheren Seite". Von der EU-Kommission verlangen Anschober und Stockinger, die Frage der Koexistenz gentechnisch veränderter und konventioneller Pflanzen zu klären. Selbst Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel habe bereits gesagt, dass sie diese beispielsweise beim Raps für nicht möglich halte.

"Es gibt keinen Anlass, die gentechnikkritische Linie zu verlassen", stellte Umweltminister Josef Pröll (ÖVP) fest. Die Linie der österreichischen Landwirtschaftspolitik bleibe unverändert, es werde keinen Gentechnik-Anbau geben. Man fordere von der EU-Kommission eine europaweite Regelung zur Gentechnikfreiheit, bisher habe es aus Brüssel keine ausreichende Antwort auf die Frage der Koexistenz gegeben, hieß es aus dem Büro des Ministers.

Gesamtösterreichische Lösung

Pröll müsse, wie im Regierungsprogramm festgelegt, Initiativen für eine gesamtösterreichische Lösung setzen, reagierte die SPÖ-Bereichssprecherin für Umwelt und Globale Entwicklung, Petra Bayr, auf die EuGH-Entscheidung. Dabei dürfe es "keine Ausnahmen oder Hintertürln" geben. "Das heute veröffentlichte Urteil zeigt auch klar, dass es weiterer kritischer Gentechnik-Forschung in Österreich bedarf, um die Bedenken gegen Gentechnik in der Nahrung auch wissenschaftlich fundiert argumentieren zu können", verlangte sie zusätzliche Budgetmittel für die Universitäten.

Es sei ein "Gebot der Stunde, den gentechnikfreien Anbau von Mais und Raps in Österreich durch kulturartenbezogene Verbotsregelungen abzusichern", erklärte Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen. Er prangerte außerdem an, dass es bisher verabsäumt worden sei, kritische Wissenschafter gegen die Agro-Gentechnik ausreichend zu unterstützen, und wies darauf hin, dass die Nichtigkeitsbeschwerde Oberösterreichs mit der Begründung abgewiesen worden sei, man habe keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgelegt.

Kritik am "EU-Diktat"

FPÖ-Umweltsprecher Norbert Hofer nahm das Urteil zum Anlass, Österreichs Selbstbestimmung einzufordern und "massive Kritik am EU-Diktat" zu üben. "Es kann nicht sein, dass uns aus Brüssel nachhaltige Veränderungen der heimischen Umwelt aufgezwungen werden." Hofer weiter: "Wir müssen uns ernsthaft überlegen, ob wir uns länger dem EU-Diktat unterwerfen wollen, das im Interesse internationaler Konzerne unsere Umwelt systematisch zu zerstören versucht."

Umweltorganisationen verlangten eine Fortsetzung des Anti-Gentechnik-Kurses: Österreich müsse konsequent nationale Importverbote gegen GVO-Saatgut aussprechen. Jens Karg von Global 2000 verlangte, dass mehr Forschungsmittel locker gemacht werden. Greenpeace erwartet sich von der Bundesregierung ein klares Anti-Gentechnik-Bekenntnis. Zwischenrufe wie jene von Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP), Gentech-Pflanzen in Österreich zur Energieproduktion zuzulassen, seien dabei höchst kontraproduktiv.

Gesundheitsministerium: "Verteidigen Importverbote"

Man habe das Urteil grundsätzlich erwartet, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP). Importverbote für drei Mais- und eine Rapssorte seien aber nach wie vor aufrecht, diese wolle man auch verteidigen. Die EU versuche zwar regelmäßig, auch dagegen vorzugehen, vorerst würden die Verbote aber halten.

Die EuGH-Entscheidung gehe völlig in die falsche Richtung und sei verheerend für Österreich, so BZÖ-Umweltsprecher Veit Schalle. Er verwies "auf das Negativbeispiel Südamerika, wo Gentechnik-Anbau in großem Stil betrieben und die bäuerliche Struktur vollkommen ruiniert" werde. Es könne nicht sein, dass Österreich gezwungen werde, den Anbau von gentechnisch veränderten Lebensmittel zuzulassen. APA)