Das muss nun nicht unbedingt eine Utopie bleiben, denn Cosplay hat in Österreich Einzug gefunden. Das Wort ist die japanische Kurzform für die englischen Wörter "costume" und "play".
"Man kann sich in eine komplett andere Gestalt verwandeln. Man wechselt einfach die Identität", erklärt Martina Hediger (24) begeistert. Beim Cosplay geht es darum, sich von Kopf bis Fuß zu einem Anime- oder Manga-Charakter zu verkleiden.
Charakteristisch für ein Manga ist, dass die Augen der Figuren unnatürlich groß dargestellt und die verschiedenen Aktionen der Charaktere durch Gesten unterstrichen werden. Jede Figur hat seine eigene Mimik und Bewegung, die sich bei keiner anderen wiederfindet. In Animes werden Mangas filmisch umgesetzt. Die Gestiken der Hauptfiguren werden beibehalten und die Charakterzüge nicht verändert. Bei Cosplay werden also nicht nur die Kleider getauscht, sondern auch das Verhalten wird verändert.
Die Spieler messen sich damit in Wettbewerben. Diese sind in Japan in der Regel streng reglementiert, so darf meist nur das Kostüm gezeigt werden. In Europa jedoch laufen die Bewerbe freier ab. Ein Auftritt kann so weit gehen, dass das Titellied der Serie gesungen, ein Monolog rezitiert oder ein Sketch in der Gruppe gezeigt wird.
Realisierte Tagträume
"Ich zog diese Hose, dieses Hemd an, und ich war 'L' (Anm.: eine der zwei Hauptfiguren des Anime/Manga "Death Note"). Von einer Sekunde auf die andere geht man bucklig, telefoniert komisch und isst nur noch Süßigkeiten", betont Hediger - auch während des Gesprächs spielt sie unbeirrt weiter ihre Rolle. Ihr Verhalten wirkt jedoch nur für Laien kurios. Denn die meisten Cosplays finden im Zuge einer "Convention", eines Treffens unter Gleichgesinnten, statt. Auf diese Weise sei es "viel witziger und entspannter", betont Martin Horvath (17).
Sein Cosplay auf der AniNite '07, dem Festival der japanischen Popkultur, das Ende August im WUK stattfand, war der Vampir Alucard aus dem Anime und Manga "Hellsing". "Obwohl er im Dienst der Hellsing-Familie steht, regelt er doch die Sachen auf seine Weise", sinniert Horvath.
Die Unabhängigkeit einer doch gebundenen Person sei faszinierend. Zu Cosplay sei Horvath über Freunde gekommen, mittlerweile spricht er sogar von "einer Liga von Freunden die Cosplay machen". Das Gleiche erzählt auch Miriam Wagner (15). Ihr Charakter bei der AniNite '07 war Sakura aus dem Manga und Anime "Naruto". Die am Anfang etwas "eingebildete" Sakura Haruno entwickelt sich im "Laufe der Serie zu einer starken Kriegerin".
Auf zu digitalen Welten
Nicht nur Animes und Mangas werden gecosplayt, sondern auch japanische Computer- und Videospiele. Hierzu zeigt Cornelia Busch (14) ihre Ähnlichkeit zu Cloud aus "Final Fantasy - Advanced Children" (und "Final Fantasy VII").
"Meine Freunde haben mir gesagt, dass ich ihm ähnlich sehe", begründet sie ihre Cosplay-Wahl. Ihr Kostüm erregt hohes Aufsehen unter den Festivalbesuchern. Unter den um sie gescharten Begeisterten sind Fans der jeweiligen Mangas, Animes oder Videospiele. "Es ist irrsinnig toll, wenn man darauf angesprochen und fotografiert wird", erzählt Wagner, stolz auf ihr Outfit. Diese werden meistens per Hand - von den Eltern - gefertigt, bezeugen die verkleideten Jugendlichen.
Besonders extravagante Vorstellungen können nur durch Originalkostüme befriedigt werden. Dafür bietet das Internet eine große Plattform für Bestellungen der richtigen Kostüme, Perücken und Accessoires. Diese werden aus Japan bezogen.