Gesundheit sei der Mut und die Fähigkeit, mit psychischen wie physischen Problemen umzugehen, so Georg Wögerbauer.

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Ganz bewusst habe man sich das Thema Gesundheit als Schlusspunkt des ersten Jahres des Standard Mentoring Circle aufgehoben, so Sylvia Enzendorfer von academic mentoring einleitend, "denn Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts". Mit dem Allgemeinmediziner und Psychotherapeuten Georg Wögerbauer stand ein Experte in Sachen "Prävention berufsbedingter Erkrankungen von Führungskräften" am Podium. Wögerbauer berät und begleitet seit Jahren Manager und Managerinnen, die unter einer Burnout-Symptomatik leiden.

"Unser Körper ist unsere wertvollste Ressource, unser Betriebssystem", erläutert der Mediziner. "Wer auf ihn achtet, ihn wahrnimmt und seine Signale hört, braucht sich um seine Gesundheit nicht sorgen." Für Wögerbauer bedeutet Gesundsein nämlich keinesfalls die Abwesenheit von physischen und psychischen Problemen, sondern lediglich Mut und Fähigkeit, mit ihnen umzugehen. "Lachen, weinen und streiten können und mit Genuss essen, das ist für mich ein Zeichen für Gesundsein, und nicht der Body-Mass-Index oder der richtige LDL/HDL-Quotient", so der Vortragende.

Eustress und Distress

Stress per se ist für Wögerbauer nichts Negatives, denn es gibt guten, den Eustress und schlechten, den Distress. Auf Wögerbauers Frage, was denn Eustress für die Zuhörer sei, kommen zuerst Antworten wie "Erfolg und gute Geschäfte", "Halbmarathon", dann endlich auch Profanes wie "Lachen und Singen", "Sex" und "Schmetterlinge im Bauch" aus dem Auditorium. Distress hingegen seien chronische Müdigkeit, Hilflosigkeit, Mobbing und Erfolglosigkeit. Chronische Erschöpfung sei quasi der "Dauerbrenner" bei Führungskräften, weiß der Wahlwaldviertler. "Heute ist es ja für Führungskräfte nahezu ein Muss, mindestens einen Halbmarathon rennen zu können. Müdigkeit zu übergehen ist aber wirklich gefährlich und rächt sich – spätestens im Alter zwischen 40 und 45 Jahren", ist der Stress-Experte überzeugt. Burnout sei kein Schlagwort, sondern für ihn tägliche Realität.

Gefährdete Gruppen

Allerdings: Burnout ist nichts, was einen von heute auf morgen überfällt. Dem Gefühl des völligen Ausgebranntseins geht immer eine längere Entwicklung voraus. Es spielt nicht nur ein Faktor eine Rolle, sondern mehrere Faktoren wie die eigene mentale Verfassung, Familie, Job und Gesellschaft.

Anders als die meisten vermuten würden, sind nicht Top-Manager, Ärzte oder Piloten die am häufigsten von Burnout Betroffenen, sondern vor allem allein erziehende Mütter, gefolgt von Kindern und Jugendlichen.

Für Georg Wögerbauer wenig überraschend: "Diese beiden Gruppen sind im Alltag häufig dauernd überlastet, haben aber nicht oder nur ganz selten die Möglichkeit, sich helfen zu lassen. Manager oder Chefärzte hingegen gehen zum Coaching oder machen eine Supervision." (Judith Hecht, Der Standard, Printausgabe 8./9.9.2007)