Beim Eingang grüßen Mao und Johnny Walker.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Essen hält alles, was der Titel des Küchenchefs verspricht.

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Fotos: Gerhard Wasserbauer

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Über dem Eingang zum Restaurant am Ende der Wiedner Hauptstraße steht "Ming Yuan", der Name des Kaiserpalasts in Peking - und daneben chinesische Schriftzeichen. Die bedeuten aber ganz was anderes - nämlich "Zur Straße des guten Geschmacks in Wenzhou". Die Stadt ist die Heimat von Chefkoch Chen Yuming, die in ganz China für ihre besonders aromenintensive, leichte und variantenreiche Küche bekannt ist. So kommt etwa auch Simon Xie Hong vom wunderbaren Restaurant ON in der Wehrgasse von da.

 

Was das Verwirrspiel soll, bleibt unklar - auf der Speisekarte geht es jedenfalls munter weiter: Die ersten Seiten, wo Frühlingsrolle, Acht Schätze, Fastenspeise der Buddhisten und andere öde Klassiker beliebiger Chinesen ums Eck abgehandelt werden, darf man ruhig überblättern. Spannend wird es weiter hinten, wo die Gerichte plötzlich mit Foto dokumentiert werden: Da tauchen Gerichte auf, die sich sonst kaum auf Wiener China-Menüs finden: Extrem würziger, getrockneter Tofu in feinen Streifen etwa, in einer köstlichen, kühlen Sauce mit frischem Koriander (der auf der Karte aber als "Mariengras" aufscheint); oder durchaus knackige, perfekt zugeputzte Rindskutteln mit berückendem Sternanis-Aroma, die ebenfalls als kalte Vorspeise serviert werden; butterweich gebratene Auberginen, die mit würziger, nicht unfetter Sauce im Tontopf zu Tisch kommen.

Irrwitzige Schärfe

Bei den Hauptspeisen sollte man sich gedämpften Amur (eine Karpfenart) mit Frühlingszwiebeln in einer Sauce aus Koriander, Ingwer, Knoblauch nicht entgehen lassen - perfekt gegart, sodass sich das weiße Fleisch wie zartes, saftiges Krabbenfleisch von den (vielen) Gräten hebt. Aber auch Schweinefleisch "Dong Pua", eine Empfehlung des freundlichen Kellners, schmeckt in seiner ganzen Deftigkeit hervorragend: Langsam in vielen Gewürzen so mürb geschmortes Bauchfleisch, dass es sich mit der Gabel teilen lässt - dazu gibt es knackigen Pak-Choi-Kohl.

Nur für Fortgeschrittene empfiehlt sich "Original Gong Bao Chicken" (unbedingt "am Knochen gebraten" verlangen!): köstlich marinierte Hendlteile, die offenbar mittels Maisstärke besonders knusprig werden, mit einer Menge getrockneter Chilischoten gebraten und in einer Schärfe serviert, die als irrwitzig bezeichnet werden darf: Wir zählten 32 Stück (28 davon gingen retour) - das Fleisch selbst aber bekommt nur einen zarten Kick durch die Beigabe.

Am Eingang grüßt eine Mao-Statue, an den Wänden sind allerhand chinesische Honoratioren beim Händeschütteln mit Besitzer Chen Yuming zu bewundern - einem in 13 Jahren Lehre zum "Chefkoch der ersten Klasse" ausgebildeten Spezialisten. "Wir sind sehr froh, viele Angestellte unserer Botschaft als Gäste zu haben", erklärt er. Vielleicht ist die Weinkarte auch deshalb bemerkenswert gut sortiert - Sauvignon blanc von Neumeister und Zweigelt von Glatzer boten den kräftig gewürzten Speisen durchaus Paroli. Mit bescheidenen Mitteln sehr charmant gestalteter Gastgarten. (Severin Corti/Der Standard/rondo/07/09/2007)