Weltrekordstück: Dieser um 1775 von Roentgen ausgeführte "Secrétaire à abattant" wechselte bei Christie's in New York für 889.500 Dollar den Besitzer.

Foto: Christie's

Berlin – Der Name Roentgen steht in der Welt der Kunst für edelste Materialien und feinste handwerkliche Ausführung, für deren Möbel Höchstpreise bezahlt wurden und werden. Von 1742 bis 1795 produzierten Abraham und sein Sohn David Roentgen an die 2000 Möbel, die mit den kunstvollen Einlegearbeiten sowie raffinierten und praktischen Mechanismen zu begehrten Luxusgütern führender Königshäuser zählten.

Nach kriegsbedingten wirtschaftlichen Turbulenzen begannen die Geschäfte der Werkstatt – begleitet von Werbemaßnahmen wie den legendären Möbellotterien – finanziell zu florieren. Die Belieferung des französischen Hofes war das erklärte Ziel, denn nur dann zählte man auch zur Elite der Möbelkünstler.

1779 reiste David Roentgen mit einem Stab von Mitarbeitern und mit Möbeln beladenen Fahrzeugen nach Paris. Beste Empfehlungen verschafften ihm Zutritt zum Versailler Hof, der sich vom Vorgeführten begeistert zeigte. Ludwig XVI. und Marie Antoinette erwarben mehrere Exemplare für Versailles, darunter das Prunkstück der Kollektion, den 80.000 Livres teuren mit reichen Marketerien und mechanischem Firlefanz ausgestatteten Kabinettschrank.

Teuerste Möbel

Zu einer der besten Roentgen-Kunden wurde Zarin Katharina, auch wenn der Transport eine logistische Herausforderung darstellte: Mit Pferdewagen und Schiff von Neuwied über Berlin nach Sankt Petersburg, das dauerte schon mal drei Monate. Roentgen bevorzugte dazu die Wintermonate, wenn die weiche Schneedecke einen schonenden Transport der Möbel auf Schlitten ermöglichte. In zeitgenössischen Quellen finden sich Hinweise zu Umfang und Wert der Kunstwerke. "Der Fabricant ist nach Petersburg abgereist mit Waaren so 200.000 Reichsthaler übersteigend" – ein Betrag, der dem Jahreseinkommen von 2000 Soldatenfamilien entsprach.

Noch heute zählen Roentgen-Möbel zu den teuersten der Sparte. Die wichtigsten Stücke gelangten wie erwähnt in höfischen Besitz und anschließend in Museumssammlungen, auch deshalb ist das Angebot rar.

"Dominiert wird der Markt von einem kleinen, aber leidenschaftlichen Sammlerkreis, dessen Vertreter sehr genau um die Qualität wissen", erklärt Marcus Radecke, Roentgen-Experte bei Christie's London. Den Auktionsrekord darf sich Christie's an die Fahnen heften, als 2002 in New York ein Marketerie Secrétaire à abattant für 889.500 Dollar den Besitzer wechselte. An die zweite Stelle schaffte es im Sommer 2005 in London ein 1780 gefertigtes Zylinderbüro mit prächtigen Marketerien und vergoldeten Bronzebeschlägen für umgerechnet fast 674.000 Euro. Der Roentgen-Werkstatt zugeschriebene Kleinmöbel kosten deutlich weniger: Für 60.000 Euro erteilte Sotheby's Paris im März vergangenen Jahres den Zuschlag für ein aus Mahagoni gefertigtes Guéridon (Bestelltisch), ein Kommodenpaar aus der Zeit um 1755/60 reichte Sotheby's Amsterdam 2005 für 200.000 Euro weiter.

Vier Ausstellungen

Wissenswertes zur Geschichte der Werkstatt steht derzeit hoch im Kurs: Im Februar dieses Jahres jährte sich der Todestag David Roentgens zum 200. Mal. Aus diesem Anlass finden derzeit in Neuwied und Berlin vier Ausstellungen statt, die auch die stilistische Entwicklung der Möbel vom Spätbarock englischer Prägung über die verspielten Formen des Rokoko bis zum eleganten Klassizismus dokumentieren. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.9.2007)