Zur Person: Der Zeichner Lars Vilks (61) war bis 2003 Kunstprofessor in Bergen. Er lieferte Beiträge für eine Ausstellung, bei der es um das Thema "Hund" ging.

Foto: privat
Standard: Sie haben eine Vielzahl von Morddrohungen erhalten. Haben Sie Angst, bekommen Sie derzeit Polizeischutz?

Vilks: Nein, die Säpo (die Geheimpolizei, Anm.) und ich habe keine Angst. Aber ich schaue mich schon öfter um, wenn ich ausser Haus gehe.

Standard: Bereuen Sie, dass Sie die Karikatur veröffentlicht haben?

Vilks: Keineswegs, auch wenn mich die heftigen Reaktionen überrascht haben. Es ist Aufgabe der Kunst, zu provozieren – was natürlich nicht zu verwechseln ist damit, jemanden gezielt, oder gar unter rassistischen Vorzeichen, zu verunglimpfen. Wir haben eine wichtige Frage berührt: das Verhältnis des Islam zu anderen Religionen und das Verhältnis der Muslime zum Westen. Und ich bleibe dabei: Erst die vorangegangene Zensur der Ausstellungen (Galerien hatten die Veröffentlichung des Bildes abgelehnt, Anm.) hat zu dem Aufstand geführt.

Standard: Fürchten Sie nicht, dass die Diskussionen das Verhältnis zwischen Muslimen und der übrigen schwedischen Bevölkerung belasten könnten?

Vilks: Im Gegenteil. Die Frage ist doch: Sehen sich die Muslime hierzulande in erster Linie als Muslime oder als Schweden. Indem sie sich dieser Frage stellen, können sie sich selbst als Teil der schwedischen Demokratie positionieren. Das kann von Vorteil sein.

Standard: Von muslimischer Seite in Schweden scheint man bemüht, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen. Teilen Sie diesen Eindruck?

Vilks: Ja, und ich halte das für sehr klug. Damit können die Muslime gewiss Sympathien gewinnen.

Standard: In Dänemark, wo der öffentliche Ton gegenüber Muslimen sehr rüde ist, wirft man Schweden häufig Stillschweigen im Sinne "politischer Korrektheit" vor.

Vilks: Zu Recht. Und unsere Ausstellung hat eine Debatte in Gang gesetzt, weil sie eben politisch inkorrekt ist. Ich halte nicht viel von politischer Korrektheit, weil sie meiner Meinung nach vor allem ein Mittel ist, um Probleme, die ja dennoch existieren, unter den Tisch zu kehren. Hier liegt der Fehler beim Thema Integration. Man wartet ab und hofft, dass sich die Dinge zum Besseren wenden. Aber das passiert nicht; stattdessen werden die Konflikte immer größer.

In einer wirklichen Debatte muss man nicht davon ausgehen, wie es sein sollte, sondern wie es tatsächlich ist. Meinen bescheidenen Beitrag sollte man nicht überbewerten, aber er ist ein Mittel, um die bisherige Politik des Stillschweigens infrage zu stellen. (Anne Rentzsch/DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2007)