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Ein Händler an einem der vielen schwarzen Tage des vergangenen Sommers _an der Frankfurter Börse. Das Investmentfondsgesetz erlaubt es, bei dramatischen Abflüssen die Auszahlungen auszusetzen.

Foto: AP/Kammerer
Eine der Hauptbetroffenen der US-Immobilienkrise und der von ihr ausgelösten Kreditkrise sind Fonds, deren Anlagestrategie auf Investments in Kreditforderungen fokussiert – vor allem Asset Backed Securitites (ABS), also durch Vermögenswerte wie Hypotheken besicherte Wertpapiere. Laut Medienberichten haben einige ABS-Wertpapiere in den USA innerhalb weniger Tage Kursverluste von 50 Prozent und mehr hinnehmen müssen. Die daraus resultierenden Wertverluste in den Fondsportfolios und die erhebliche Verunsicherung privater und institutioneller Anleger können zu einem bedrohlichen "Run" führen.

So verlangten Investoren bei einem von Frankfurt Trust gemanagten ABS-Fonds mit einem Volumen von 160 Mio. Euro innerhalb von zwei Wochen die Rückzahlung von 40 Mio. Euro. Dieser Fonds wurde daraufhin vorläufig geschlossen, ebenso kam es zu vorläufigen Schließungen von Kreditforderungsfonds durch Sal. Oppenheim, BNP Paribas, HSBC, WestLB Mellon und andere. In Österreich wurde ein einziger Fonds ausgesetzt, in dem ausschließlich Großanleger investiert sind.

Massive Geldabflüsse

Begründet wurden diese Schritte unter anderem damit, dass massive Geldabflüsse innerhalb kurzer Zeit keine faire Preisbildung erlauben. Durch die vorläufige Schließung würden Anleger vor Wertvernichtung geschützt und würde die Gefahr weiterer Verunsicherung durch spekulative Dispositionen verringert.

Solche Maßnahmen sind in Österreich ebenso wie in Deutschland grundsätzlich gesetzlich gedeckt. Das Bankwesengesetz, dem in Österreich auch Kapitalanlagegesellschaften unterliegen, sieht im Fall der Krise einer einzelnen Bank ein Geschäftsaufsichtsverfahren mit Sanierungsmöglichkeiten einschließlich vorübergehender Zahlungssperre vor. Sind mehrere Banken betroffen, kann die Bundesregierung per Verordnung sogar eine Zahlungssperre über alle Banken in Österreich oder in einem bestimmten Gebiet erlassen, wenn eine Gefahr für die Volkswirtschaft besteht. Darüber hinaus ermöglichen im Fondsbereich Sondervorschriften eine vorübergehende Schließung.

Für österreichische Investmentfonds bestimmt §10 InvFG, dass jeder Anteilinhaber grundsätzlich jederzeit die Rücknahme und Auszahlung seiner Fondsanteile verlangen kann (Prinzip des offenen Fonds). Die Auszahlung des Rückgabepreises kann jedoch – bei Verständigung der Finanzmarktaufsicht – vorübergehend unterbleiben, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Dazu zählen die Unmöglichkeit der Ermittlung eines Rücknahmepreises wegen Schließung von Börsen oder Devisenmärkten sowie massive Geldabflüsse durch gehäufte Rücknahmeverlangen von Anlegern. Die vorübergehende Rücknahmesperre kann ohne feste Zeitvorgabe vom geordneten Verkauf von Vermögenswerten des Fonds und vom Eingang des Verwertungserlöses anhängig gemacht werden.

Ausländische Fonds werden in Österreich nur zum öffentlichen Vertrieb zugelassen, wenn die Fondsanteile an einem anerkannten und geregelten Markt eines OECD-Mitgliedsstaates gehandelt werden und dort verkauft werden können oder die Anleger das Recht haben, die Rücknahme ihres Fondsanteiles vom Fonds oder einem Dritten zu verlangen (§ 25 InvFG).

Immobilienfonds

Bei österreichischen Immobilien-Investmentfonds kann nach § 11 ImmoInvFG die Auszahlung des Rückgabepreises vorübergehend unterbleiben, wenn außergewöhnliche Umstände dies im Interesse der Anleger erforderlich machen. Da die Verwertung von Vermögenswerten eines Immobilienfonds in der Regel erheblich länger als die Verwertung von Wertpapieren dauert, kann die gesetzlich vorgesehene Frist von einem Jahr auf zwei Jahre verlängert werden.

All diesen Regelungen gemeinsam ist der Grundgedanke, dass zum Schutz vor einem "Run", der zu einem Liquiditätsengpass des Fonds, zur Verwertung von Vermögensgegenständen zur Unzeit und zu einer Schädigung der verbleibenden Anleger führen könnte, bei außergewöhnlichen Umständen eine vorübergehende Rücknahmesperre nicht nur zulässig, sondern geboten sein kann. In solchen Situationen überwiegt das allgemeine Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt sowie das der Anleger in ihrer Gesamtheit gegenüber dem Interesse einzelner Anleger, ihre Fondsanteile zurückzugeben.

Die Entscheidung über die Fondssperre ist von Kapitalanlagegesellschaft und Fondsmanager unter eigener sorgfältiger Verantwortung zu treffen. Eine schuldhaft fehlerhafte Entscheidung kann zu Schadenersatzansprüchen der Anleger führen. Angesichts der Marktverhältnisse im vergangenen Sommer waren die vorgenommenen Sperren mit großer Sicherheit berechtigt. Mit weiteren Fondssperren in Österreich rechnet die FMA übrigens nicht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.89.2007)