Wien - 4000 Fälle von Gewalt gegen Frauen werden der Interventionsstelle Wien jährlich gemeldet. Rund 16 Prozent davon konnten bisher aufgrund mangelnder Ressourcen nicht bearbeitet werden. Doch die steigenden Hilfsansuchen führten dieses Jahr zu einer Aufstockung des Budgets um zwei Millionen Euro.

Tanja Windbüchler, Leiterin der Wiener Interventionsstelle, erläutert: "Die Zunahme der gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt ist weniger auf einen tatsächlichen Anstieg als vielmehr auf eine größere Mitteilungsbereitschaft der Opfer zurückzuführen."

Obwohl die Sensibilität seitens der Gesellschaft gegenüber dem Thema zunimmt, müssen viele Frauen immer noch um ihre Rechte kämpfen. "Oft wird den Opfern vor Gericht kein Glaube geschenkt, da sie häufig aus Mangel an Beweisen als hysterisch dargestellt werden", sagt Hermine Sieder von der Beratungsstelle für Frauen.

Hilfe, Beratung und Zuflucht finden bedrohte Frauen neben der Interventionsstelle Wien in den vier Frauenhäusern, wo zwar keine klassische Psychotherapie, jedoch wegweisende Gespräche, eine sichere Wohnmöglichkeit und Nachbetreuung angeboten werden. Die Aufenthaltsdauer und die Kosten richten sich nach den Bedürfnissen und der finanziellen Situation der Frauen, dennoch soll das Frauenhaus keine dauerhafte Wohnstätte sein. Denn der Andrang ist groß, von Zeit zu Zeit gibt es sogar Wartelisten.

Auch für die Täter werden Therapien angeboten, die Umsetzung erweist sich aber als schwierig. "Das Gericht verhängt immer noch viel zu wenige Anti-Gewalt-Trainings, um eine tatsächliche Verbesserung des Gewaltverhaltens zu gewährleisten", gibt Sieder zu bedenken.

Doch zumindest bezüglich des Schutzes gegen häusliche Gewalt hat sich etwas getan. Mit dem vor zehn Jahren in Kraft getretenen Gewaltschutzgesetz wurden Betretungsverbote und Wegweisungen erheblich erleichtert.

Jedoch bleibt die Dunkelziffer hoch: Laut einer deutschen Studie ist jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens von familiärer Gewalt betroffen. (Paul Donnerbauer, Clara Maria Moder, Clara Radunsky, Lisa Reimeir /DER STANDARD-Printausgabe, 4. September 2007)