Dabei zeigen zumindest schon die beiden erstgenannten Ablenkungsversuche Wirkung. Seitdem ich meine Wohnung in einen Feng-Shui-Tempel verwandelt habe, arbeitet es sich wirklich leichter. Nach einem Jahr in der neuen Wohnung habe ich es endlich geschafft, meine zwei Schreibtische arbeitsgerecht zu vereinen, ohne Tür oder Fenster im Rücken zu haben.
Trotzdem hat mir mein Lebensabschnittspartner erst gestern Schreibtischverbot verhängt (offizielle Begründung ist meine schlechte Laune – inoffiziell ist es wahrscheinlich die Eifersucht auf meine stürmische Beziehung zur Magisterarbeit). Und hier macht sich das zweite Ablenkungsmanöver bezahlt: Ich schreibe die Rohtexte neuerdings auf Blockzetteln in Kaffeehäusern oder in der Bücherei.
Zugegeben: Als uns im Diplomarbeitsschreibworkshop gesagt wurde, wir sollten lieber handschriftlich exzerpieren, weil unsere Gedanken dann freier seien und wir nicht so am Originaltext kleben würden, belächelte ich das Ganze noch etwas. Das letzte Stück, das ich handschriftlich produziert hatte, muss wohl meine Deutschmatura gewesen sein. Vergangene Woche aber nahm ich mir aufgrund meiner langen Zugfahrten zu den Sommerkursen den Vorschlag zu Herzen, und packte statt dem schweren Notebook nur ein paar Bücher und meinen Block ein.
Zwar fiel es mir anfangs selbst schwer, meine eigene Schrift zu decodieren, mittlerweile hab ich mich an die analoge Festhaltung meiner Gedanken nicht nur gewohnt, sondern bevorzuge sie schon. Beim anschließenden Digitalisieren im Textverarbeitungsprogramm geht das Tippen nicht nur schneller, sondern es kommen auch immer wieder neue Gedanken dazu. Meine Handschrift hat also meine Schreibblockade gelöst - und mein Rücken ist dankbar, wenn er nicht mehr mein Notebook schleppen muss.