Wien - Mit Häme hat der Koalitionspartner SPÖ auf den Auftritt von ÖVP-Obmann Vizekanzler Wilhelm Molterer im ORF-"Sommergespräch" am Dienstagabend reagiert. Molterer könne sich "aus der Umklammerung Wolfgang Schüssels" nicht lösen, meinte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina in einer Aussendung. Der Vizekanzler zeige "noch immer zu wenig Bereitschaft" einen "neuen, gerechteren Kurs für Österreich" einzuschlagen. Außerdem verlangte er mehr Führungsstärke vom VP-Obmann. Für BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz hat sich Molterer als "leidender Direktor eines Flohzirkus" präsentiert.

Kalina fand es "bemerkenswert", dass Molterer "keine klaren Worte zu seiner Kandidatur als ÖVP-Spitzenkandidat bei der Wahl 2010" finden habe können. Er verlangt vom Vizekanzler, "endlich Führungsstärke" zu zeigen und "diesem heillosen Durcheinander an unausgegorenen Vorschlägen" aus der ÖVP-Perspektivengruppe nicht länger zuzusehen. Die Volkspartei sei bei Neutralität, Sicherheitspolitik, Bildung oder Wirtschaftspolitik nicht in der Lage, eine einheitliche Linie zu finden, meinte Kalina.

Auch für Grosz wird es "immer deutlicher", dass Molterer das Ruder innerhalb der ÖVP aus der Hand laufe. Der BZÖ-Generalsekretär konnte bei Molterer "keine neuen Ideen" ausmachen, die ÖVP sei mittlerweile eine "verstaubte Partei".

"In Ära Schüssel steckengeblieben"

Kritik am Auftritt von ÖVP-Chef Vizekanzler Wilhlem Molterer übten am Dienstagabend auch Grüne und FPÖ. Für die stellvertretende Grüne Bundessprecherin Madeleine Petrovic erwecke Molterer den Eindruck, "als sei er in der Ära der Kanzlerschaft von Wolfgang Schüssel stecken geblieben". Der ÖVP-Obmann wolle offenbar jenen Kurs fortsetzen, für den Schüssel abgewählt worden sei. Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ist die ÖVP "in ihrer Inhaltsleere" ein "wahrhaft würdiger Koalitionspartner der SPÖ".

Molterer habe einer modernen Politik im Bildungs-, Klimaschutz- oder Integrationsbereich einmal mehr eine klare Absage erteilt, so Petrovic. Aus dem Gespräch sei lediglich "das 'Da sage ich nein...'-Gerede" hängengeblieben.

Kickl kritisierte Molterers Aussagen zur Neutralität. Diese seien unglaubwürdig gewesen und hätten nicht darüber hinwegtäuschen können, dass "in den Reihen der ÖVP eifrig an diesem wesentlichen Bestandteil der österreichischen Identität" gesägt werde. (APA)