Das "Makrolab" ist eine autonome, modulare, mit Solar- und Windenergie erhaltene Kommunikations-, Forschungs- und Lebens-Umgebung. Vier Menschen können hier unabhängig von der Außenwelt bis zu 120 Tage arbeiten.

Foto: Ars Electronica
Für seine technologisch avancierten Systeme interessiert sich nun sogar das Militär. Sein Projekt für Linz: "Situational Awareness".
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"Technik kann prinzipiell immer beides sein, Ermöglichung und Verunmöglichung des Möglichen, Aktivierung und Ausschluss, Emanzipation und totalitäre Repression", lehnt sich Marko Peljhan im Geiste an Bertolt Brechts Radiotheorie (1930) an, nach der Sender und Empfänger quasi dasselbe sind.

Ursprünglich hat der 1969 geborene Peljhan in Lubljana Theaterwissenschaft und Radioregie studiert, heute steht er hinter einer Vielzahl hoch technologischer Projekte, die sich aber in ihrem gesellschaftskritischen und sozialpolitischen Kontext immer noch unter dem längst sehr ausgeweiteten Medienkunst-Begriff subsummieren lassen.

Peljhan war auf der documenta (1997), der Manifesta (1998), der Biennale in Venedig (2003) und auch auf der Ars war er bereits einmal vertreten (Goldene Nica 2001).

Zu seinen zahlreichen Projekten und Kommunikationssystemen, gehört unter anderem ein internationales, offen zugängliches und dezentrales Radionetzwerk und das weit gereiste (u. a. Australien, Schottland, Italien) Makrolab, das erstmals 1997 auf der documenta präsentiert wurde.

Das bis zu 120 Tage lang autark funktionierende Labor empfängt, reflektiert und verarbeitet Datenströme aus der ganzen Welt. Heuer soll es sein nomadisches Wesen endgültig aufgeben, um fortan in der Antarktis als permanente Forschungsstation zu fungieren.

Augen gen Himmel

Im Mai 2004 erhob sich am Wiener Karlsplatz aus einem mit Codes und Zeichen markierten, rätselhaften Container ein "Funkturm" mit Satellitenschüsseln. Hinter dem Projekt mit dem kryptischen Namen System-77 CCR (Civil Counter Reconnaissance) stand unter anderem Peljhan, der auf Einladung der 2006 aufgelassenen Wiener Netzkulturinitiative netbase spielerisch und symbolisch auf Methoden der staatlichen Überwachung aufmerksam machte.

Spielzeug war das allerdings keines, sondern ein funktionstüchtiges "taktisches urbanes Gegenüberwachungssystem für bodengelenkte UAVs (unbemannte Luftfahrzeuge) sowie luftgestützte Drohnen", das unter dem Motto Eyes in the Skies - Democracy in the Streets die zivile Gegenüberwachung startete: Die Exekutive schaut und lauscht - die Beobachteten schauen und lauschen zurück.

Sogar die Europäische Kommission fragte man damals, ob es denn legitim sei, wenn sich Zivilpersonen die gleichen Überwachungstechnologien aneignen, die zum staatlichen "Voyeurismus" verwendet werden. Die seither oft zum Einsatz gekommene "taktische Kommandozentrale" brachte den Wienern zu Gehör, welche Daten aus der Funkwolke einzufangen sind. Ein Soundteppich aus Taxi- und Polizeifunk sowie Daten der Flugkontrolle vom Schwechater Tower, der zum Teil zu absurd schien, um real zu sein.

In Linz zeigt Peljhan als Gemeinschaftsproduktion der Ars Electronica und des Kunstmuseums Linz die Projektserie Situational Awareness, die in Form von Dokumentationsmaterial und Modellen seine jahrelange und intensive Auseinandersetzung mit den politischen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen neuer Technologien demonstriert. Darunter das im Rahmen von 77CCR entwickelte unbemannte Flugobjekt C-ASTRAL, das einen Flug über die Donau wagen wird.

Wie Peljhan so viel militärisches Wissen sammeln konnte, wundert sogar die slowenische Armee, die das UAV sehr interessiert. Vor 9/11 war das einfach, erklärt Peljhan. In den 1990er-Jahren "stellte ich mich immer als slowenischer Rüstungskonzern vor. Besonders amerikanische Konzerne waren überaus zuvorkommend." (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe, 24.08.2007)