Wenn Sitzen zum Problem wird, weil die Gefäßkissen ihre stützende Funktion verlieren und sich die Blutgefäße erweitern.

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Umgangssprachlich werden Qualen beim Sitzen und beim Stuhlgang mit "Ich habe Hämorrhoiden" umschrieben. Richtig müsste es aber heißen: "Ich habe ein Hämorrhoidalleiden." Denn Hämorrhoiden, stark durchblutete Gewebe- pölsterchen unter der Enddarmschleimhaut, hat im Grunde jeder Mensch, und das ist gut so. Die Gefäßkissen haben eine wichtige Aufgabe: Sie unterstützen den Schließmuskel beim Verschluss des Afters. Ohne die Schwellkörper wäre der luft- und flüssigkeitsdichte Feinverschluss nicht möglich, der Mensch könnten Luft oder flüssigen Stuhl nicht halten, wäre inkontinent.

Die Symptome

Zum Problem wird die Darmdichtung, wenn sich die Hämorrhoiden krankhaft vergrößern, sich das erschlaffte Gewebe nach unten oder außen verschiebt und es zum Blutstau am After kommt. Die unangenehmen Erstsymptome: Es brennt, juckt und nässt, beim Sitzen und beim Stuhlgang entstehen starke Schmerzen, im Stuhl wird Blut entdeckt. "40 Prozent aller Menschen haben irgendwann Probleme mit Hämorrhoiden, zehn bis 20 Prozent davon müssen chirurgisch behandelt werden", sagt Steffen Arnold, Oberarzt an der chirurgischen Abteilung des Landeskrankenhauses Bludenz. Die Medizin kennt vier Ausprägungsgrade der Krankheit. Ab Stufe zwei wirken entzündungshemmende Salben und Zäpfchen nicht mehr in jedem Fall. Dann muss chirurgisch eingegriffen werden. Seit wenigen Jahren ist die Operation ohne Schnitt möglich.

Pioniere der sanften Operationsmethode HAL (Hämorrhoidal-Arterien-Ligatur) in Europa sind die Bludenzer Chirurgen. Sie haben die vom japanischen Arzt Kasumasa Morinaga entwickelte Technik gemeinsam mit der Vorarlberger Firma A.M.I weiterentwickelt.

Ohne Vollnarkose

Arnold: "Wir haben in den letzten sechs Jahren 600 Patienten behandelt, 90 Prozent sind absolut zufrieden." In einer maximal halbstündi- gen Operation werden mit Ultraschall-Doppler-Sensor die blutführenden Arterien aufgespürt, dann "gezielt umstochen und verschlossen", beschreibt Arnold die Technik. Die Konsequenz: "Es kann nicht mehr so viel Blut in die Hämorrhoiden fließen, sie schrumpfen dann und gehen wieder zurück, wo sie hingehören." Auch bei größeren, stark vorgefallenen Knoten kann ohne Schnitt und ohne Vollnarkose operiert werden.

Anal-Lifting

"Lifting" nennt die Wiener Chirurgin Ulrike Satzinger vom Evangelischen Krankenhaus in Wien den Vorgang, der in der Fachsprache "Recto Anal Repair" (RAR) heißt und ebenfalls von den Vorarlbergern entwickelt wurde. Warum Lifting? Satzinger: "Weil Gewebe gestrafft und wieder hineingezogen wird in den Analkanal - wie ein Lift." Die nach außen geschobenen Hämorrhoiden werden wieder dort mit Ligaturen (Nähten) fixiert, wo sie hingehören. "Weil wir die Ligaturen in einem Gebiet des Analkanals machen, wo es keine Schmerzrezeptoren gibt, sind die Schmerzen nach der Operation kaum oder gar nicht vorhanden", sagt Arnold.

Man kann das Krankenhaus nach dem Eingriff nach spätestens einem Tag wieder verlassen, ist nach 48 Stunden wieder arbeitsfähig. Arnold: "Manchmal treten leichte Blutungen auf, in Einzelfällen auch Schmerzen - aber nie schwere Komplikationen, welche die Lebensqualität beeinträchtigen."

Falsche Interpretation

Nicht jedes Problem am After ist ein Hämorrhoidal- leiden. Ulrike Satzinger: "Schmerzen im Afterbereich werden von der Bevölkerung einfach als Hämorrhoiden bezeichnet. Ungefähr die Hälfte der Patienten hat aber etwas anderes - ein massives Anal-ekzem, weil sie auf Seife, Papier, Waschmittel allergisch sind, oder Risse im After, Analfissuren, die furchtbar schmerzen beim Stuhlgang." Die Chirurgin rät deshalb: "Wenn man ein Problem im Afterbereich verspürt, sei das ein Jucken oder Brennen oder Spuren von Blut, soll man auf jeden Fall gleich einen Facharzt aufsuchen."

Vorbeugung

Was kann man tun, um Hämorrhoidalleiden zu verhindern? Arnold und Satzinger raten beide zu ballaststoffreicher Nahrung, die regelmäßigen und weichen Stuhlgang auslöst, und zu viel Sport und Bewegung.

Arnold warnt zudem vor langen Klositzungen: "Männer, die auf der Toilette ihre Zeitung lesen und lange herumpressen, tun sich nichts Gutes. Der Beckenboden wird dadurch überdehnt, und die Hämorrhoiden herausgepresst." (DER STANDARD, Printausgabe, Jutta Berger, 20.8.2007)