London - Libyen zögert laut einem britischen Pressebericht die Beseitigung von 200 Barrel Uran hinaus. Das als Yellow Cake vorliegende Uran-Konzentrat werde immer noch in einer Militärbasis in der Stadt Sabha gelagert, zitierte der Londoner "Daily Telegraph" am Montag informierte Kreise. Das Uran habe einen Wert von 295 Millionen Euro.

Libyen hatte sein Atomwaffenprogramm im Jahr 2003 als Gegenleistung für die Aufhebung westlicher Sanktionen aufgegeben. Die Internationale Atomenergiebehörde sollte die Beseitigung des Urans beaufsichtigen. Der libysche Revolutionsführer Oberst Muammar al-Gaddafi habe sich dem von der IAEO (IAEA) vorgegebenen Verfahren gebeugt, zögere die Beseitigung aber immer wieder hinaus, berichtete die britische Zeitung. Im Juli unterzeichneten Libyen und Frankreich eine umstrittene Vereinbarung über den Bau eines Atomreaktors zur Meereswasserentsalzung.

Frankreich unterstützt Atomprojekt

Nach Angaben der Pariser Tageszeitung "Le Parisien" strebt Libyen die Errichtung eines Europäischen Druckwasserreaktors EPR an. Der französische Atomkonzern Areva, der den Reaktor der neuen Generation gemeinsam mit der deutschen Siemens entwickelt hat, soll den EPR in Tripolis vorstellen, heißt es in dem Zeitungsbericht. Als Informationsquelle nennt das Blatt das französische Kommissariat für Atomenergie (CEA). Sarkozy wies den Bericht zurück: "Das ist falsch", sagte Sarkozy am Montag an seinem Urlaubsort im US-Bundesstaat New Hampshire.

Ende Juli hatte Frankreich nach der Befreiung der seit acht Jahren inhaftierten fünf bulgarischen Krankenschwestern und eines palästinensischen Arztes ein Abkommen mit Libyen zur Zusammenarbeit im zivilen Atombereich unterzeichnet. Offiziell ist die Koppelung eines Atomreaktors an eine Meerentsalzungsanlage vorgesehen. Laut "Le Parisien" zielt Tripolis in Wirklichkeit aber auf den EPR ab. Areva sei "brüsk" dazu aufgefordert worden, sein Produktangebot in Libyern vorzustellen, schreibt die Zeitung, welche das zeitliche Zusammenfallen mit der Freilassung der zum Tode verurteilten Häftlinge als "beunruhigend" bezeichnet.

Areva erklärte laut Zeitungsbericht, dass Tripolis "Interesse für den EPR bekundet" habe. "Eine erste Studie soll über die Kapazität des libyschen elektrischen Systems durchgeführt werden, einen solchen Reaktor zu empfangen, was auf jeden Fall erst in zehn oder 15 Jahren der Fall sein wird", erklärte der stellvertretende Direktor des CEA, der Areva-Mutter. "Le Parisien" erinnert daran, dass der Verkauf eines EPR eine Summe von etwa 3 Mrd. Euro darstellt, und dass Libyen über bedeutende Uranreserven verfügt, an denen Areva interessiert sei.

Areva errichtet gegenwärtig mit Siemens in Finnland den ersten EPR-Reaktor. Das Projekt hat bereits eine Reihe von Verzögerungen erfahren. Nach Angaben der Pariser Finanztageszeitung "La Tribune" verursachten de jüngsten Verzögerungen Verluste zwischen 500 und 700 Mio. Euro. Areva hat auch ein Abkommen für die Lieferung eines EPR-Reaktors an China unterzeichnet. Ein EPR-Projekt ist weiter in den USA geplant.

Der französische Energiekonzern EdF, der in Österreich an der Energie Steiermark AG beteiligt ist, betreibt 58 Kernreaktoren und will seinen Reaktorpark mit EPR erneuern. In Frankreich soll der erste EPR-Reaktor im Jahr 2012 im nordfranzösischen Flamanville (Manche) in Betrieb gehen. EdF kommt auf 58,9 Milliarden Euro Umsatz, davon 42 Prozent in Europa außerhalb Frankreichs. (APA)