99,7 Prozent des weißrussischen Fahrrad- und Motorradproduzenten Motovelo werden nach Österreich verkauft.

Foto: Motovelo
Minsk/Moskau – Wie der russische Gasmonopolist Gasprom am Mittwoch mitteilte, hat Weißrussland seine Restschulden beglichen. Durch die Gaspreisverdoppelung auf 100 Dollar je 1000 Kubikmeter hatte Weißrussland in der ersten Jahreshälfte insgesamt 456,16 Millionen Dollar Rückstände angehäuft. Um den Ende Juli angedrohten Lieferstopp abzuwenden, hatte Weißrussland am 3. August 190 Millionen Dollar überwiesen.

Das durch die neuen Öl- und Gaspreise schwer angeschlagene Weißrussland hat dafür seine Währungsreserven angezapft. Der diktatorisch regierende Präsident Alexandr Lukaschenko hatte erklärt, Venezuela werde mit einem Kredit beispringen. Weißrusslands Nationalbankchef Pjotr Prokopowitsch versprach, dass die Währungsreserven auf drei Milliarden Dollar gehalten werden könnten. Dass sie im Vergleich zum Jahresbeginn überhaupt um 76 Prozent anwachsen konnten, ruft Zweifel bei Beobachtern hervor. Im Juni kamen in die Kasse 625 Millionen Dollar, die Gasprom für 12,5 Prozent des weißrussischen Gasverteilers Beltransgas überwiesen hat. Bis 2011 wird Gasprom vereinbarungsgemäß auf den halben Anteil erhöhen. Das Interesse an anderen weißrussischen Industrieaktiva ist groß.

Am Parkring 10

Dies abzuwehren und das Modell der dirigistischen Planwirtschaft beizubehalten ist Lukaschenkos Ziel. Umso interessanter ist, dass er sich nun entschlossen hat, einen Betrieb ins Ausland zu verkaufen, ohne die Kontrolle zu behalten. Verkauft wird – nach Österreich: 99,7 Prozent des weißrussischen Fahrrad- und Motorradproduzenten Motovelo gehen an die am Wiener Parkring 10 registrierte Atec Holding GmbH. Mit nominal 7,2 Millionen Dollar auf Raten bis 2011 wurde laut Beobachtern weit unter Wert verkauft, da allein das Grundstück in Minsk mehr koste.

Motovelo befindet sich – wie ein Drittel der Industrie – in Finanzproblemen. Eine Privatisierungswelle erwarten Experten jedoch nicht, zumindest was den Rohstoffsektor betrifft. Motovelo künde jedoch als erste Schwalbe davon, was mit der ganzen _Ökonomie des Landes passieren könne, wenn die sozialen Anspannungen zunehmen und das Wirtschaftsmodell nicht geändert werde. Atec wurde verpflichtet, bis 2012 20 Millionen zu investieren sowie die Betriebsschulden von acht Mio. Dollar zu begleichen.

Laut russischer Zeitung Nesawisimaja Gaseta hat Atec versprochen, neue Fahrrad- und Motorradmodelle, unter anderem für Sportdisziplinen, zu produzieren.

Über die Besitzer der Firma Atec war nichts zu erfahren. Der erbetene Rückruf von Geschäftsführer Alexandr Murawiew traf bis Redaktionsschluss nicht ein. Sie hat laut Firmenbuch nichts mit Mirko Kovats' A-Tec-Holding zu tun. (Eduard Steiner, Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.08.2007)