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Die Refco-Broker setzten viel Geld in den Sand. Die hohen Ausfälle wurden in Tarnfirmen versteckt, dafür macht THL nun auch die Refco-Berater verantwortlich.

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Die Bawag-Refco-Affäre - Chronologie

Grafik: Standard
Die Bawag musste für die Refco-Pleite schon tief in die Tasche greifen. Nun stehen Anwälte und Wirtschaftsprüfer des gestrandeten Brokers am Pranger. Refco-Aktionär Thomas H. Lee fordert von der Großkanzlei Mayer Brown 245 Millionen Dollar Schadenersatz.

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New York - Die Refco-Affäre hat nicht nur ein gerichtliches Nachspiel für den Gründer und Chef des Rohstoff-Brokers, Phil Bennett, sowie andere Führungskräfte, sondern auch für namhafte Berater. Die renommierte Anwaltskanzlei Mayer Brown wurde von Refco-Großaktionär Thomas H. Lee nun auf 245 Millionen Dollar (178 Mio. Euro) geklagt. Forderungen gegen die Prüfungsgesellschaft Grant Thornton sowie "andere Parteien" seien geplant, erklärte eine THL-Sprecherin.

Ob sich die Bawag auch auf neue Ansprüche einstellen muss, wollte die alt eingesessene US-Beteiligungsgesellschaft nicht preisgeben. An und für sich ist die einstige Gewerkschaftsbank durch einen im Vorjahr abgeschlossenen Vergleich aus dem Schneider. Insgesamt kaufte sich die Bawag um fast 900 Mio. Dollar von den Beschuldigungen frei, wonach sie in die mutmaßlich betrügerischen Aktivitäten rund um die Verschleierung der Refco-Verluste involviert war. Trotz des Vergleichs kursieren immer wieder Gerüchte, wonach neue Forderungen gegen die Bawag aufgrund der Vorgänge in den USA aufgestellt werden könnten.

Dass nun die Kanzlei Mayer Brown mit 1400 international operierenden Anwälten attackiert wird, kommt zwar nicht ganz überraschend, sorgt aber doch für Aufsehen. In der diskreten Investmentbranche werden derartige Kalamitäten meistens im Verborgenen geregelt. Den Weg frei für Ansprüche gegen die Sozietät und den Wirtschaftsprüfer gemacht hatte erst vor zwei Wochen der gerichtliche Sachverständige Joshua Hochburg - der Standard berichtete. Thomas Lee - das Unternehmen erwarb 2004 eine kontrollierende Beteiligung an Refco - macht Mayer Brown für die "fingierten Transaktionen" mitverantwortlich, durch die Käufer wie Gläubiger betrogen worden seien und die letztlich zum Kollaps des Brokers führten. Die Anwälte seien seit 1998 in die Aktivitäten involviert gewesen und hätten von der Rechtswidrigkeit der Geschäfte gewusst.

Bawag half mit

Die 50 Seiten umfassende, dem STANDARD vorliegende Klagsschrift verweist auf 17 Transaktionen, bei denen die beschuldigte Kanzlei für Refco tätig war. In Kenntnis der wahren Vermögenslage hätte Thomas Lee die um 430 Mio. Dollar getätigte Akquisition nicht vorgenommen, so die Argumentation. Im Rahmen der Buchprüfung habe Mayer Brown verbrieft, dass es abseits der Bilanzen keine Geschäfte mit Dritten gebe.

Faktisch wurde aber, so der Vorwurf, folgendes Ringelspiel von Bennett und der Sozietät kreiert: Refco schupfte Schulden infolge hoher Ausfälle bei spekulativen Investments in eine verwandte Gesellschaft und verdeckte diese durch kurzfristige, fremde Kreditvergaben kurz vor dem Bilanzstichtag. Dadurch konnte die Scheinfirma die Forderung gegen Refco ausbuchen. Das geliehene Geld - regelmäßig eine Milliarde Dollar - wurde gleich danach wieder an die Kreditgeber zurückgezahlt. In den meisten Fällen war das die Bawag. Sie zahlte übrigens nicht nur für den Vergleich, sondern blieb auch auf Forderungen gegen Refco von 350 Mio. Dollar sitzen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 06.08.2007)