Zwei Säulen sind es, auf die sich das diktatorische Regime von Alexandr Lukaschenko in Weißrussland traditionellerweise stützt: Die billigen Preise für russisches Öl und Gas – und das dichte Kontrollsystem durch die staatlichen Sicherheitsorgane unter der Aufsicht des Geheimdienstes KGB. Mit der Anhebung der Öl- und Gaspreise hat Russlands Präsident Wladimir Putin zum Jahreswechsel aber Finanzprobleme verursacht, die Lukaschenko zum – bisher erfolglosen Bittsteller – bei Russland, China, Iran, Venezuela und der österreichischen Raiffeisen International machten.

Je mehr die Säule der Finanzen wankt, desto penibler überprüft Lukaschenko die weißrussische Elite auf unbedingte Fügsamkeit. Nicht zufällig hat er am 23. Juli, am Höhepunkt der Schuldenkrise mit Russland, die Chefs des Öl-Gas-Giganten „Belneftechim“, des Pipelinekonzerns „Beltransgas“ und der Weißrussischen Ölkompanie (BNK) entlassen. Eine Woche zuvor schon mussten der Chef und Vizechef des KGB ihre Sessel räumen. Dort sitzt nun Jurij Schadobin, den Lukaschenkos Sohn Viktor unterstützt.

Der Präsidentensohn und seine Gruppe, zu der auch der mit EU-Einreiseverbot belegte Innenminister Wladimir Naumow gehört, scheinen die bisher einflussreichste Gruppierung um Sicherheitsratschef und Lukaschenkos engsten Mitstreiter Viktor Schejman abzudrängen. „Der Machtkampf tobt zwischen diesen beiden Gruppen“, sagt Kirill Koktysch, Weißrusslandexperte der Moskauer Diplomatenschmiede MGIMO zum Standard. Moskau habe noch auf keine Gruppe gesetzt, wolle aber „die Frage des weißrussischen Regimes“ noch vor den russischen Präsidentenwahlen im März 2008 lösen. Lukaschenko wolle seinen Sohn als möglichen Thronerben aufbauen, so Experten.

Sohn Viktor wurde zu Jahresbeginn nationaler Sicherheitsberater im Sicherheitsrat. Kürzlich wurde auch die neue Partei „Belarus“ um ihn herum gegründet. 2011, wenn Lukaschenkos dritte Amtszeit abläuft, wird Viktor das für die Staatsführung nötige Alter von 35 Jahren erreicht haben. (Eduard Steiner aus Moskau, DER STANDARD, Print, 3.8.2007)