Wien - Der ORF hat den für Oktober geplanten Themenschwerpunkt "Migration" von der Agenda gestrichen. Stattdessen soll jetzt das Thema "Kinder" für den Herbst-Schwerpunkt aktiviert werden, so die Pressestelle des Senders. Auch die von Programmdirektor Wolfgang Lorenz angekündigte eigenproduzierte Serie "Kebab-Saga", in der Migration und Integration thematisiert werden sollten, ist in absehbarer Zeit nicht in Sicht, hieß es.

In der Zwischenzeit wurde bekannt, dass der Themenschwerpunkt "Migration" nicht gänzlich gestrichen, sondern - aus gutem Grund - , wie Generaldirektor Alexander Wrabetz meint, auf nächstes Jahr verschoben wurde. Das Jahr 2008 steht nämlich in der EU unter dem Motto des interkulturellen Dialogs und wurde zum europäischen Jahr der Integration erhoben. Aus diesem Anlass will der ORF den Migrationsschwerpunkt zu Beginn des Jahres senden, betonte Wrabetz.

Auch über den geplanten Themenschwerpunkt hinaus sei das Thema dem ORF ein großes Anliegen. So ist laut Wrabetz derzeit eine Studie über das Fernsehnutzungsverhalten von Migranten in Vorbereitung - ähnlich der Umfrage der deutschen öffentlich-rechtlichen Sender.

"Normalität"

Zuvor hatten ARD und ZDF angekündigt, Migrationsthemen im TV verstärkt zu thematisieren. Die ARD will außerdem Journalisten mit migrantischem Hintergrund häufiger zur besten Sendzeit bringen. WDR-Intendantin Monika Piel möchte "das Leben in der deutschen Einwanderungsgesellschaft in allen Programmsparten als Normalität abbilden".

Die deutschen Sender ziehen damit die Konsequenz aus einer von ARD und ZDF in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel "Migranten und Medien 2007". Die Untersuchung ergab, dass MigrantInnen Privatsender wie ProSieben, RTL und Sat.1 den Öffentlich-Rechtlichen vorziehen. Obwohl ARD und ZDF insbesondere hinsichtlich der Informationsvermittlung einen wichtigen Stellenwert einnehmen, erreichen sie das Publikum mit Migrationshintergrund insgesamt weniger gut als die gebürtigen Deutschen. ARD und ZDF sind laut Fachleuten im Vergleich zu Privatsendern noch weit von einer angemessenen Repräsentanz der Migranten entfernt.

"Heimat fremde Heimat" Aushängeschild des ORF

Beim ORF findet Migration vornehmlich in der Sendung "Heimat fremde Heimat" statt. Wie viele Mitarbeiter mit Migrantionshintergrund der Sender beschäftigt, konnte man dort auf APA-Anfrage nicht beantworten. Man verwies jedoch auf die die beiden "Wie bitte?"-Außenreporter, den Ägyptosteirer Faris Endres Rahoma und den in Wien geborenen und im Kongo aufgewachsene Patrick Bongola. Die beiden jungen Männer bessern seit April die Quote jener Redakteure, die vor der Kamera agieren und einen migrantischen Hintergrund vorweisen können, auf. Auf ein weiteres bekanntes Gesicht kann der Sender verweisen, nämlich Arabella Kiesbauer, die väterlicherseits afrikanische Wurzeln hat.

Auf Fernesehsprecher in Nachrichtensendungen im Hauptabendprogramm, wie seit einem Jahr beim französischen Sender TF1 der Fall ist, dürften ORF-ZuseherInnen jedoch noch länger warten. Der Wiener Stadtsender Puls TV hat jedoch einen solchen Schritt bereits getätigt: Seit wenigen Wochen präsentiert dort eine gebürtige Ägypterin das tägliche Nachrichtenformat "City News". (APA/red)